Schisprunglauf ist eine spektakuläre Sportart, die in vielen, v.a. europäischen Ländern, große mediale Aufmerksamkeit genießt. Im Gegensatz zum alpinen Schilauf und zum Langlaufsport besitzt diese jedoch keinen Breitensport-Charakter. Weltweit wird die Zahl der aktiven SchispringerInnen auf ca. 9000 geschätzt.

In der Regel wird bereits im Kinders- und Jugendalter mit dem sportartspezifischen Training in entsprechenden nordischen Zentren auf K15 Meter Schanzen begonnen. Danach steigert sich die Schanzengröße über K30 und K60 Meter Schanzen bis hin zu den im Wettkampf/Weltcup üblichen K90 bzw. K120 Meter Schanzen.
Einen besonderen Reiz, aber auch eine besondere Belastung, stellen für die Athleten schließlich die Schiflugveranstaltungen dar, bei welchen Weiten bis an die 250 Meter erzielt werden.
(Aktueller Weltrekord: 254,5m –Domen Prevc – Slowenien)
Nach den Gesetzen der Ballistik
Der Schisprunglauf unterliegt den Gesetzen der Ballistik. Die kinetische Energie des Körpers ist aufgrund der erreichten hohen Geschwindigkeiten groß und damit, auch aufgrund des oft hohen Luftstandes, ist diese Sportart potentiell gefährlich.
Veränderungen an Sprunganlagen, wie zuletzt in Cortina, aber auch Veränderungen im Reglement (Anzüge, Bindung, Keilstärken etc.) können daher das Verletzungsrisiko beeinflussen. Statistische Aufzeichnungen über Verletzungen sind aber leider rar und meist retrospektiv.
Schwere oder lebensbedrohliche Verletzungen sind, im Gegensatz zum alpinen Schilauf, aber vergleichsweise selten.
Das Schädel Hirn Trauma von Daniel Andre Tande bzw. Thomas Morgenstern beim Schifliegen am Kulm, die Querschnittsverletzung von Lukas Müller und Nicholas Fairall zeigen aber das Gefahrenpotential auf.
Auch Stürze mit tödlichem Ausgang, zuletzt bei Thomas Lacroix 2020, gibt es zu beklagen.
Inzidenz von Verletzungen
Statistische Daten zur Inzidenz von Verletzungen im Schisprunglauf sind rar. In einer 2011 publizierten Arbeit mit Daten der offiziellen Datensammlung der FIS liegt die Inzidenz von Unfällen mit Bewusstlosigkeit im Sprunglaufsport bei 0,5 gerechnet auf 1000 Sprünge.
Knieverletzungen mit einem Ausfall des Betroffenen von mehr als 28 Tagen, traten in einem Zeitraum von 4 Jahren bei 2 % der Athleten und 3,9 Prozent der Athletinnen auf.
Dies bedeutet, dass Knieverletzungen im Damensprunglauf beinahe doppelt so häufig auftreten.
Eine prospektiv angelegte Studie von Goertzen et al 2001 zeigte eine erhöhte Verletzungsinzidenz von 0,41 bzw. 0,23 pro 1000 Sprünge bei den Junioren im Vergleich zu den Weltcup AthletInnen.
Dies ist möglicherweise auch auf die erhöhte Risikobereitschaft dieser Athleten zurückzuführen, welche oft in Kauf genommen wird, um letztendlich den Sprung in das Nationalteam zu schaffen.

Verletzungen beim Schispringen
Risikofaktoren für Verletzungen in dieser Sportart sind unter anderem Krafteinwirkung beim Aufsprung, Geschlecht, Alter, Wetter- und Wettkampfbedingungen, Bindungssysteme, sowie ausrüstungsspezifische Details und natürlich persönliche Fehler.
Eine Analyse der Unfälle in der Vergangenheit zeigte, dass 50% auf Fehler in der Flugphase und 25 % auf Fehler bei der Landung, seltener in der Absprung- und Auslaufphase, zurückzuführen sind und unter Wettkampfbedingungen auf Schnee weit häufiger auftreten, als im Training oder auf Mattenschanzen.
Durch Änderungen im Reglement ist aber in den letzten Jahren die Flugphase viel sicherer geworden und die meisten Verletzung treten aktuell im Rahmen der Landung auf.
Diesbezüglich sind in der jüngeren Vergangenheit zunehmend Verletzungen des Kniegelenkes, insbesondere Kreuzbandrupturen, zu beobachten. Die Verletzungsliste ist hier doch beträchtlich.
Alleine 2025 haben sich Eva Pinkelnig, Alexandria Loutitt, Lara Malsiner, Luissa Göhrlich undThea Bjoerseth eine schwere Knieverletzung zugezogen.
Eine operative Versorgung dieser Verletzungen bei AthletInnen auf diesem sportlichen Niveau ist natürlich notwendig.
Prävention
Auch wenn die Verletzungswahrscheinlichkeit, gemessen an anderen Sportarten, eher gering ist, so sollte doch Alles unternommen werden, um vermeidbare Verletzungen, die wie im Falle von Knieverletzungen durchwegs das Karriereende bedeuten können, zu unterbinden und den Athleten/die Athletin bestmöglich zu schützen.
Folgende Faktoren können das Verletzungsrisiko minimieren:
- optimale physische Voraussetzung des Athleten
- optimale Schisprungtechnik
- optimale Schanzenpräparierung
- verantwortungsvoller Umgang seitens der Startfreigabe durch den Trainer und die Jury
- Sicherheitsbindungen
- Rückenprotektoren
- Präventionsprogramme zur Prophylaxe von Kreuzbandverletzungen – Neuromusculäres Training
- Return to Sport Tests nach Verletzungspausen
- Reglementierungen speziell hinsichtlich der Verwendung von Keilen in den Sprungschuhen.
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DER AUTOR
Dr. Jürgen Barthofer ist Facharzt für Unfallchirurgie mit Themenschwerpunkt Kniechirurgie und Kniechirurg im Diakonissen KH Linz. Er ist Teamarzt des ÖSV Schispringen/Nordische Kombination seit 2008. Bei 4 Olympischen Spielen und 9 Nordischen Welmeisterschaften betreute er die österreichische Nationalmannschaft. Darüber hinaus versorgte er zahlreiche Athleten/Athletinnen operativ. Sportlern wie F.J. Rehrl und Mario Seidl gelang nach der Kreuzbandoperation der Gewinn einer WM Medaille.
Fotos: technotr, EXPA/JFK, privat