Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin

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Die Autologe Chondrozyten-Implantation

Neue Dimension therapeutischer Möglichkeiten

In der Orthopädischen Chirurgie ist in den letzten Jahren die operative Behandlung von Gelenkknorpelschäden in den Vordergrund des Interesses gerückt. Neben der kritischen Prüfung bewährter Verfahren, sowie deren Weiterentwicklung trat mit der Autologen Chondrozyten-Transplantation ein neues biologisches Verfahren auf der Grundlage des Tissue Engineerings in das öffentliche Interesse.

Durch die Vermehrung körpereigener Knorpelzellen im Labor und die anschließende Implantation unter einem, im Knorpeldefekt eingenähten Knochenhautlappen ist erstmals eine vollständige Regeneration eines umschriebenen Knorpelschadens mit einem belastbaren Regeneratknorpel möglich. Nach mehr als 7000 Implantationen weltweit und klinischen Studien, die gute und sehr gute Ergebnisse in 70 – 90 % der Fälle über mehr als 10 Jahren nachweisen, hat diese Technik einen festen Platz in der Therapie von Gelenkschäden erworben.

Der besondere Vorteil der Methode liegt vor allem in der Behandlung größerer Defekte (> 3 cm²), die mit anderen knorpelregenerativen Verfahren nicht mehr therapierbar sind. Wie jedes andere Verfahren hat auch diese Methode Nachteile und Risiken, die durch weitere Entwicklungsarbeiten beseitigt werden müssen. So fehlen gegenwärtig allgemeingültige Richtlinien für die Beurteilung im Labor gezüchteter Chondrozyten, für die richtige Indikationsstellung, für die OP-Technik und für die postoperative Nachbehandlung.

Weiterentwicklungen erfolgen mit dem Ziel, die gezüchteten Knorpelzellen durch Verwendung von Wachstumsfaktoren optimal auf die Bildung von Knorpelgewebe vorzubereiten. Auf die Verwendung tierischer Eiweiße wird man bei der Zellzüchtung vollständig verzichten. Verschiedene resorbierbare Trägermaterialien (Folien, Membranen, Schwämme und Gelee) sind gegenwärtig in der experimentellen und zum Teil klinischen Erprobung. Vor allem kollagene Membranen werden möglicherweise als Ersatz für den Knochenhautlappen Verwendung finden.

Die in bis zu 50 % der Fälle beobachtbare Transplantathypertrophie beim Periostlappen ist dadurch eventuell genauso vermeidbar wie der zusätzlich Schnitt zur Entnahme des Knochenhautlappens. Die gleichwertige Wirksamkeit gilt es jedoch noch durch Studien zu belegen.

Eine weitere Anwendung der Biomaterialien ist in der Funktion als “Cell carrier” zu sehen. Die Zellen können so sicher an ein resorbierbares Biomaterial gebunden in den Defekt eingebracht werden. Durch Kombinationen mit Wachstumsfaktoren lässt sich ein entsprechender Differenzierungsgrad der transplantierten Zellen auf dem Biomaterial erzielen Die Entwicklung einer Arthroskopischen Implantationstechnik erscheint durch die Kombination mit Biomaterialien möglich.

Weiter Entwicklungsmöglichkeit liegen im Zeitfenster der postoperativen Nachbehandlung. Eine mehrstündige postoperative mechanische Stimulation der transplantierten Zellen durch eine Motorschienenbehandlung (CPM) führt zur verstärkten Bildung von Knorpelbestandteilen und zur Sicherstellung der Ernährung. Daneben ist durch den Einsatz stoffwechselmodulierender Faktoren (IL1 RA) möglicherweise eine Verbesserung des Knorpelregenerats erzielbar.

Mesenchymale Stammzellen weisen ein deutlich höheres Regenerationspotenzial als ausdifferenzierte Chondrozyten auf. Ihr Einsatz bei der Therapie von Gelenkschäden wird nicht nur eine Wiederherstellung von Gelenkknorpel sondern auch von Meniskus-, Kreuzband- und Knochenstrukturen ermöglichen.

Die Autologe Chondrozytenimplantation hat eine neue Dimension therapeutischer Möglichkeiten eröffnet. Zukünftige Entwicklungen werden den breiteren klinischen Einsatz dieser Technik sicherstellen.

Oberarzt Dr. med. Matthias Steinwachs,
Cartilage Research Group, Orthopädische Abteilung
Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg

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