Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin

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Fit am Korb: Belastungen der Athleten und Prävention im Basketball

Basketball wurde als eine der wenigen Sportarten als gezielte Auftragsarbeit erfunden. Dr. James Naismith, ein kanadischer Arzt und Pädagoge, bekam 1891 am YMCA College in Springfield, Massachusetts die Order, eine Sportart für die Studenten zu erarbeiten, die diese ohne größere Verletzungsgefahr im Winter in der Halle ausüben können. Gleichzeitig sollte der Spaßfaktor hoch genug sein, um die jungen Männer, die American Football oder Rugby gewohnt waren, bei der Stange zu halten. Diesen Präventionsgedanken setzte er um, indem er sich überlegte, das Ziel horizontal statt vertikal zu gestalten um somit bereits Wucht aus den Würfen beziehungsweise Schüssen zu nehmen. Zudem wurde das Laufen mit dem Ball verboten, um Rudelbildungen zu vermeiden Es durfte lediglich gepasst werden. Körperkontakt wurde nahezu vollständig ausgeschlossen.

Die neue Sportart fand großen Anklang. Im Verlauf wurden die Regeln immer wieder adaptiert, zum Beispiel wurde das Dribbeln zum Bewegen des Balles erlaubt. 1936 wurde die neue Sportart dann olympisch. In Berlin wurde allerdings noch im Freien auf Tennis-Sandplätzen gespielt. 1976 wurde auch der Damen Basketball olympisch. 1979 wurde der Dreipunktwurf in der NBA, 1984 auch im Weltbasketball eingeführt, mit dem Ziel, das Spiel zu entzerren und etwas vom Korb zu entfernen. Ein großer Popularitätsschub kam 1992, als Profis der NBA ihr Debut bei den Olympischen Spielen gaben und das amerikanische Dreamteam die Welt begeisterte. Fast zeitgleich wurde Deutschland 1993 überraschend Europameister und ein großer Sportartikelhersteller aus Deutschland begann das Basketball 3 gegen 3 im Freien als „Streetball“ populär zu machen, aus dem sich letztlich die neue Sportart 3×3 entwickelte, die seit 2020 ebenfalls olympisch ist.

Nachdem die deutsche Herrenmannschaft 2023 mit überragender Leistung Weltmeister wurde, gelang es den deutschen 3×3 Damen 2024 in Paris die erste olympische Medaille im Basketball für Deutschland (direkt in Gold) zu erringen. Zudem wurden die U23 3×3 Herren 2024 Weltmeister, die U18 Jungen im 5 gegen 5 Europameister.

Heute ist Basketball eine der weltweit populärsten Sportarten. Nicht nur in den USA und Europa, sondern auch in Südostasien hat der Sport eine immense Popularität. Laut Weltverband FIFA spielen etwa 450 Millionen Menschen weltweit Basketball. Die erfolgreichsten Athleten in der NBA gehören zu den höchstbezahlten Profisportlern und auch die inzwischen etablierten Varianten Rollstuhlbasketball und 3×3 erfreuen sich großer Beliebtheit.

Bei den Regeln bestehen diverse kleine Unterschiede zwischen NBA und Weltbasketball, der Grundgedanke ist jedoch der gleiche. Im Weltbasketball wird 5 gegen 5 auf einem 28 x 15 Meter großen Spielfeld auf 2 Körbe gespielt, der Korb hängt auf 3,05 Metern Höhe, der Ball hat im Herrenbereich einen Umfang von 75-78 Zentimetern und wiegt 565-650 Gramm. Ein normaler Korberfolg bringt 2 Punkte, ein Freiwurf nach einem Foul einen Punkt und ein Wurf hinter der Distanzlinie 3 Punkte. Gespielt wird viermal 10 Minuten Nettospielzeit, die Angriffszeit ist auf 24 Sekunden bis zum ersten Korbwurf begrenzt, nach einem Offensiv-Rebound bei einem Fehlwurf gibt es erneut 14 Sekunden.

 

Belastung im Basketball

Das Spiel zeichnet sich durch einen stetigen, schnellen Wechsel zwischen Angriff und Verteidigung, aber auch Beschleunigen und Abbremsen aus. Die Spieler legen pro Spiel ca. 4,5 bis 7,5 km zurück, wovon circa 24% gegangen, 65% gelaufen und 14% gesprintet werden. Die Sprints gehen meist nur über eine kurze Distanz von zirka 4 bis 9 Metern.

Basketball zeichnet sich durch kurze hochintensive Belastungen, unterbrochen von Erholungsphasen, aus. Das durchschnittliche Arbeitsintervall beträgt zirka 12 bis 20 Sekunden, vor entscheidenden Aktionen (Wurf, Rebound) erfolgt meist eine intensive Aktion (Antritt, Richtungswechsel, Sprung).

Pro Spiel kommt es zu 750 bis 2750 verschiedenen Bewegungen, ca. 40 bis 60 Sprünge, über 200 Überkopfbewegungen, 32 Dribblings, 120 Ballannahmen, 80 Pässe und 15 Würfe. Ca. 620 Meter werden in tiefer Verteidigungshaltung zurückgelegt. Bezüglich der anthropometrischen Daten setzt sich inzwischen die These durch, das Größe, Armspannweite und die Handgröße wichtiger sind, als Kraft und Schnelligkeit, um die Erfolgsaussichten eines jungen Spielers vorherzusagen. Im Rahmen der NBA Combine Tests, bei denen die potenziellen Draft-Kandidaten vermessen und getestet werden, zeigte sich über die Zeitspanne 2000 bis 2015 dass der durchschnittliche Aufbauspieler inzwischen ca. 1,85m, der durchschnittliche Center ca. 2,09 m groß ist.

Im Vergleich zum klassischen Basketball ist der Bewegungsradius beim 3 x 3 deutlich geringer, andererseits sind die Wege zum Aushelfen in der Verteidigung länger, da nur 3 Spieler auf dem Feld stehen. Die Belastung ist deutlich intensiver, zu regenerativen Pause kommt es eigentlich nur bei Freiwürfen oder Auswechslungen, zu niedrig intensiver Belastung normalerweise nur abseits des Balles.

Die Belastung ist dominant schnellkräftig, statt, wie im klassischen Basketball, ausdauernd schnellkräftig. Durch die geringere Anzahl an Spielern kommt es deutlich vermehrt zu 1 gegen 1 Situationen, komplexere taktische Varianten im Angriff sind aufgrund der geringeren Spieleranzahl eingeschränkt.

Über die Saison hinweg verlangen beide Sportarten den Spielern inzwischen einiges ab, durch europäische Einsätze und Länderspiele kommen auch europäische Basketballspieler zwischenzeitlich auf teilweise über 80 Spiele pro Saison, im 3 x 3 dagegen wird im Rahmen von Turnieren zum Teil mehrfach pro Tag gespielt.

Verletzungen im Basketball

Im Vergleich zu den anderen großen Ballsportarten (Fußball, Handball, Eishockey) verletzen sich die Spieler laut VBG-Sportreport mit 1,47 Verletzungen pro Spieler und Saison etwas seltener, was sich sicherlich durch den Ursprungsgedanken des körperlosen Spiels, auch wenn dies heute bei weitem nicht mehr der Fall ist, erklären lässt.

Die mit Abstand häufigste Verletzung ist die Außenbandverletzung am oberen Sprunggelenk, der klassische Verletzungsmechanismus hierfür ist die Landung auf einem gegnerischen Fuß unter dem Korb. Dies führt dazu, dass in der NBA ein Tape oder eine Orthese von den Versicherungen vorgeschrieben wird, im Bundesliga Basketball wird dies ebenfalls regelmäßig von den Vereinen eingefordert, und auch von den Spielern gewünscht.

Die höchsten Verletzungskosten und die längsten Ausfallzeiten hingegen entstehen durch Knieverletzungen. Dies ist leicht nachvollziehbar, da zum Beispiel die Behandlung einer vorderen Kreuzbandruptur deutlich langwieriger und kostenintensiver ist als die eine Sprunggelenksverletzung.

Auch bei den Überlastungsbeschwerden liegt das Knie deutlich vorn, „schuld“ daran ist vor allem das Patellaspitzen-Syndrom oder auch Jumper´s Knee, das im Basketball fast schon endemisch auftritt. Studien konnten zeigen, dass im Elitesport 32% der Spieler daran leiden, aber auch im Breitensport ist es mit 11% weit verbreitet. Die Behandlung gestaltet sich oft langwierig, eine schmerzadaptierte Trainingssteuerung ist erforderlich, wobei sich gezeigt hat, dass eine komplette Sportpause, also ein Sportverbot, keine wesentliche Besserung bringt. Gold-Standard in der Therapie ist das exzentrische Training, idealerweise begleitet von physiotherapeutischen Maßnahmen, aber auch Stoßwelle oder PRP-Infiltrationen.

Prävention im Basketball

Im Bereich der Prävention sollte man 4 große Themen berücksichtigen:

1.: Neuromuskuläres Training: Hier sollte vor allem auf die Rumpfstabilität, sowie aktive Knie- und Sprunggelenksstabilisierung geachtet werden, um das Verletzungsrisiko zu reduzieren. Anerkannte Programme wie zum Beispiel das FIFA 11+ Programm, konnten ihre Wirkung neben dem Fußball auch im Basketball nachweisen.

2.: Belastungssteuerung: Bei den inzwischen maximal gefüllten Spielplänen, europäische Spitzenspieler kommen auf 80 bis 100 Spiele pro Saison, muss genügend Raum für adäquate Regeneration geschaffen werden.

3.: Hilfsmittel: neben den oben bereits genannten Tape-Verbänden, ist zum Beispiel auch ein Zahnschutz zu erwähnen.

4.: Medizinische Eingangsuntersuchungen: Diese sind auch in der Breite sinnvoll und zu fordern. Neben der orthopädischen und internistischen Untersuchung sollte immer auch eine Funktionstestung enthalten sein. Für die Prävention ist es dann unerlässlich, die gefundenen Mängel gezielt, mit individuellen Trainingsprogrammen, anzugehen.

Trotz der, überschaubaren, Verletzungsrisiken, bleibt Basketball eine attraktive, faszinierende Sportart, die, nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Erfolge der deutschen Nationalteams, auch hierzulande zunehmend mehr Anhänger findet.

Es gilt, bei der anstehenden Damen EM, die zum Teil in Deutschland ausgetragen wird und bei der Herren EM u.a. in Finnland die Daumen zu drücken!


DER AUTOR

Dr. Christoph Lukas ist Facharzt für Orthopädie mit den Zusatzbezeichnungen Sportmedizin, Chirotherapie, Akupunktur und Sozialmedizin. Er ist leitender Arzt der Reha-Zentren in Bietigheim-­Bissingen, Crailsheim und Pforzheim-Birkenfeld mit Privatpraxis (www.drlukas.de). Zusätzlich agiert er als Mannschafts­arzt der HAKRO Merlins Crailsheim (Basketball Pro A, ist 1. Vorsitzender der Deutschen Basketballärzte e.V. (www.basketdocs.de) und Verbandsarzt beim Basketball Baden—Württemberg.