Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin

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In memoriam: Univ.-Prof. em. Dr. med. Dieter M. Kohn

Mit großer Trauer sehen wir uns verpflichtet, unseren Lesern und GOTS Mitgliedern den Tod unseres ehemaligen Präsidenten, Ehrenmitglieds und Freundes Prof. Dieter Kohn mitzuteilen. Prof. Kohn war seit 1990 Mitglied unserer Fachgesellschaft, gehörte von 1994 bis 2012 dem Vorstand der GOTS an und wurde 2018 beim Jahreskongress in Hamburg zum Ehrenmitglied ernannt. Er prägte unsere Gesellschaft während seiner Präsidentschaft von 2006 bis 2008 nachhaltig und war maßgeblich für ihre Öffnung und ihre weitere Akademisierung verantwortlich. Insbesondere trug er wesentlich dazu bei, dass die Jahreskongresse außerhalb Deutschlands und die Wahl der GOTS-Präsidenten unabhängig ihrer nationalen Herkunft stattfinden. Auch führte er die anonymisierte Beurteilung von Redebeiträgen zum Jahreskongress sowie der Bewertung der Wissenschaftspreise ein, ebenso wie die GOTS-Wissenschaftsförderung im Jahre 2007.

Dieter Kohn wurde am 09.02.1953 in Geislingen an der Steige geboren. Er absolvierte das Medizinstudium von 1972 bis 1978 in Ulm, wo er im Jahre 1978 promovierte. Während seiner ersten Arbeitsstelle am Kreiskrankenhaus Ruit erlernte er die Grundlagen der muskuloskelettalen Chirurgie, die er danach an der Orthopädischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität in München vervollständigte. Im Jahr 1983 erlernte er von Professor Jan Gillquist, dem Direktor der Abteilung für Sportorthopädie an der Universität Linköping in Schweden, während einer sehr prägenden, mehrmonatigen Hospitation die Prinzipien der Arthroskopie. Zusammen mit seinem Mentor Professor Carl Joachim Wirth wechselte Dieter Kohn 1988 als Oberarzt an die Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover im Annastift, wo er zwischen 1989 und 1996 die Funktion des Leitenden Oberarztes und Stellvertretenden Klinikdirektors bekleidete. Er habilitierte 1989 zu dem Thema „Der plastische Ersatz des Innenmeniskus mit körpereigenem Gewebe – eine experimentelle Untersuchung“ und wurde 1994 zum außerplanmäßigen Professor für Orthopädie ernannt. Im Jahr 1996 nahm Dieter Kohn den Ruf auf den Lehrstuhl für Orthopädie an der Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes in Homburg an, den er bis zu seiner Emeritierung 2019 inne behielt.

Für Dieter Kohn stand stets die richtige und gute Behandlung seiner Patienten an erster Stelle. Es ist ihm in brillanter Weise gelungen, in Homburg die gesamte Bandbreite der konservativen Orthopädie, der arthroskopischen und offenen gelenkerhaltenden Chirurgie, der Endoprothetik, der orthopädischen Onkologie und der Kinderorthopädie klinisch und wissenschaftlich auf höchstem Niveau zu repräsentieren. Dabei hat er als Ordinarius alter Schule von seinen Mitarbeitern – aber allen voran von sich selbst – stets den größtmöglichen medizinischen Einsatz für das Wohl der ihm anvertrauten Patienten eingefordert.

Dieter Kohns messerscharfer Verstand und seine glasklare, unbeirrbar logische Sichtweise machten ihn auch zu einem herausragenden Forscher und zu einem präzisen und wortgewaltigen Redner. Seine wissenschaftliche Arbeit beschränkte sich dabei nicht nur auf viel beachtete Publikationen in den renommiertesten Zeitschriften unseres Fachgebiets, sondern umfasste auch eine Vielzahl von Lehrbüchern (u.a. „Das Knie“), die sich rasch zu Standardwerken der modernen Orthopädie entwickelten. Mit einem stets wachsamen und kritisch prüfenden Blick auf alle Facetten der Forschung am Stütz- und Bewegungsorgan entwickelte sich sein wissenschaftlicher Fokus von sportorthopädischen Fragestellungen wie Kreuzbandersatz, Meniskusrekonstruktion und allogener Meniskustransplantation bis hin zu Implantatentwicklungen in der Knie- und Hüftendoprothetik. Dieter Kohns größte akademische Leistung besteht aber unzweifelhaft darin, die Arthroskopie zu einer Routinemethode in der orthopädischen Chirurgie fortentwickelt zu haben. Ein weiterer Verdienst von Dieter Kohn war, seine Ärzte nicht nur zur Forschung zu stimulieren, sondern ihre wissenschaftlichen Neigungen immer interessiert, fair und großzügig zu fördern.

Neben seiner Aktivität in Wissenschaft und Forschung war Dieter Kohn die studentische Ausbildung eine Herzensangelegenheit. Nur mit Tafel und Kreide bewaffnet gelang es ihm auf unnachahmliche Art und Weise, Generationen von Medizinstudenten die Grundlagen, Ursachen und Behandlungen orthopädischer Krankheitsbilder eindrucksvoll und verständlich zu vermitteln. Sein ausgeprägtes Talent als Lehrer hat die Hauptvorlesung Orthopädie zu einem didaktischen Glanzlicht der gesamten Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes gemacht und  – ganz ohne Vorlesungspflicht –  für übervolle Vorlesungssäle gesorgt. Als Konsequenz wurde Professor Kohn wiederholt von der Homburger Studierendenschaft der Preis der Lehre verliehen.

 

Neben vielen nationalen und internationalen Auszeichnungen wurde er zum Ehrenmitglied der Arthroscopy Association of North America (AANA) und der American Orthopedic Society of Sports Medicine (AOSSM) ernannt. Seit 2007 war Dieter Kohn zudem Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Als Präsident stand Dieter Kohn der Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie (AGA) von 1995 bis 1998 vor. Als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) richtete er 2011 den Jahreskongress aus.

Den Menschen Dieter Kohn zeichneten seine protestantischen Werte Selbstbestimmung, Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit und Disziplin aus. In schwierigen Situationen unserer Gesellschaft konnte er mit seiner charismatischen Persönlichkeit Lösungswege aufzeigen und seriös vermitteln.

Dieter Kohn hat das heutige „Gesicht“ der GOTS maßgeblich geprägt. Er war für viele von uns fachlich und menschlich ein großes Vorbild.

Wir trauern um Dieter Kohn und empfinden tiefe Dankbarkeit für sein Wirken. Wir werden ihn als anerkannten Experten auf seinem Gebiet, als eine charakterstarke und ehrliche Führungspersönlichkeit mit großem Verantwortungsbewusstsein sowie als großartigen Mentor, Förderer und Freund in bester Erinnerung behalten.