Sportverletzungen sind nicht selten und betreffen Profisportler ebenso wie Freizeitathleten. Eine operative Versorgung ist dabei nicht immer erforderlich. Konservative Therapien im Sport zielen meist auf eine Heilung auch ohne operative Eingriffe ab. In diesem Newsletter werden verschiedene konservative Therapiemethoden im Sport aus dem Bereich der physikalischen Medizin dargestellt. Dabei wird auf das Wirkprinzip, die unterschiedlichen Therapiearten, sowie deren Indikationen und Kontraindikationen eingegangen. Weitere konservative Therapiemethoden wie Schuheinlagen und Orthesen oder auch Akupunktur sind nicht Bestandteil dieses Artikels.
Was ist das Wirkprinzip dahinter?
Bei konservativen Therapien werden durch Reize Reaktionen hervorgerufen und nach einer mehrmaligen Anwendung dieser Reize kommt es zu einer Regulation der gestörten bzw. verletzten Körperfunktion.
Als Reize kommen thermische Kräfte wie Wärme und Kälte, mechanische Kräfte, elektrische Kräfte oder auch klimatische Kräfte zum Einsatz. Je nach Reizart werden unterschiedliche Therapieformen wie zum Beispiel die Thermotherapie, die Mechanotherapie oder die Elektrotherapie unterschieden. Die Reizparameter stellen dabei die Art des Reizes, die Intensität, die Dauer des Reizes, die Reizfläche und die Häufigkeit dar. Die Intensität und Dauer des Reizes ist zum Beispiel von Faktoren wie Alter, Geschlecht, Reizempfänglichkeit, Allgemeinzustand des Sportlers und dem Stadium der Erkrankung bzw. Verletzung abhängig. Eine konservative Therapie sollte dementsprechend auch wie ein Rezept für ein Medikament verordnet werden – Angabe des Reizes, der Intensität, Häufigkeit, Dauer und Ort der Applikation.
Bei vielen Therapiearten erfolgt die Wirkung über eine Änderung der Durchblutung, des Muskeltonus, oder auch der Muskelspindelerregbarkeit und führt damit zu einer Analgesie und Heilungssteigerung. Oftmals kann durch die Anwendung einer physikalischen Therapie eine Reduktion der medikamentösen Behandlung oder sogar Absetzen der Medikation erreicht werden.
Thermotherapie
Die Kältetherapie (Kryotherapie) wirkt je nach Dauer der Behandlung über den Mechanismus Vasokonstriktion (Kurzzeit) oder über Vasodilatation (Langzeit). Bei Langzeitanwendung (ca. 20 Minuten) ist sie dabei analgetisch (erklärt durch die Gate control Theorie, aufgrund von Endorphinausschüttung und Entzündungshemmung), senkt den Muskeltonus, verlangsamt die Nervenleitgeschwindigkeit und vermindert die Muskelspindelerregbarkeit. Die Langzeit-Kryotherapie wird meist in Form von Cool-packs, Kältesprays oder auch Kaltluft und kalten Güssen angewendet. Die Kryotherapie ist Bestandteil des bekannten PECH-Schemas (Pause, Eis, Compression, Hochlagerung) oder auch POLICE-Schemas (Protection, Optimal Loading, Ice, Compression und Elevation) in der Behandlung von akuten Verletzungen und soll dabei die Schmerzen lindern, Schwellungen reduzieren und Entzündungen vorbeugen. Wichtig sind dabei die sofortige Anwendung und eine Dauer von ca. 20 Minuten. Bei fortgeschrittener PAVK, Morbus Raynaud, Kälteurtikaria und auch ca. 2-3 Stunden vor einem Wettkampf sollte keine Kryotherapie zum Einsatz kommen.
Die Wärmetherapie wirkt schmerzreduzierend (über Hemmung der A-Delta-Fasern, Ausschüttung von Endorphinen und Hyperämie), Muskeltonus senkend und durchblutungsfördernd. Weiters führt sie zu einer Reduktion der Gelenksteifigkeit. Diese Behandlung ist vor allem in der chronischen Phase einer Erkrankung oder nach der akuten Phase einer Verletzung sinnvoll. Wärmetherapie kann über Infrarotlampen, hot-packs, Kirschkernkissen, unterschiedliche Peloide (Fango, Munari, Moor) oder auch im Rahmen einer Hydrotherapie (wie z.B. Wickel, Bäder) appliziert werden. Bei malignen Tumoren, Lymphödem, Sensibilitätsstörungen oder akuten Verletzungen sollte keine Wärme lokal angewendet werden.
Mechanotherapie
Zur Mechanotherapie gehören Therapiearten wie der Ultraschall, die Stoßwellenbehandlung, die Massage, die Bewegungstherapie und Ergotherapie, die medizinische Trainingstherapie sowie die Manuelle Medizin. Auf die Behandlung mit Ultraschall und Stoßwelle wird nun etwas genauer eingegangen.
Bei der Ultraschallanwendung werden longitudinale Schallwellen (Frequenz ca.1-3 MHz) konstant oder gepulst, mit einer Intensität von 300 mW bis 2.5 W abgegeben. Die Behandlung hat eine thermische, zelluläre und mechanische Wirkung und führt zu einer Wärmeproduktion, positivem Einfluss auf den Stoffwechsel und einer Mikromassage. Der Ultraschall kann zwischen 2 und 5 cm in die Tiefe eindringen. Bei kleinen Gelenken besteht die Möglichkeit den Ultraschall auch in einem Wasserbad zu applizieren. In der Sportmedizin kommt der Ultraschall v.a. bei Insertions-Tendinopathien, Kalkablagerungen, Myogelosen oder auch in der Narbenbehandlung zum Einsatz. Die Ultraschallbehandlung sollte nicht direkt über Osteosynthesematerial oder malignen Tumoren, bei offenen Epiphysenfugen oder auch bei Herzschrittmacher verwendet werden.
Die Stoßwellentherapie ist mittlerweile eine bereits anerkannte Methode in der konservativen Behandlung von Sportverletzungen. Sie wird insbesondere bei Sehnen- und Muskelverletzungen, aber auch bei der Behandlung von Verkalkungen, Knochenmarksödemen oder chronischen Schmerzen im Bewegungsapparat angewendet. Hierbei werden hochenergetische Schallwellen verwendet, um die Gewebereparatur und Geweberegeneration zu steigern sowie die Schmerzen zu lindern. Je nach Indikation kommen die radiale oder fokussierte Stoßwelle zum Einsatz. Sehr oft wird eine Kombination aus beiden angewendet. Die Stoßwellenbehandlung sollte jedoch fast immer in ein Gesamtkonzept – z.B. gemeinsam mit Physiotherapie oder extrakorporaler Magneto-Transduktions-Therapie – eingebettet sein. Als Kontraindikationen gelten ein maligner Tumor sowie der Fötus im Fokus. Bei Antikoagulation, akuten Infekten und einer Cortisonbehandlung in den letzten Wochen sollte man vorsichtig sein und die Indikationsstellung umso mehr hinterfragen.
Elektrotherapie
Die Elektrotherapie wird in die Niederfrequenztherapie (analgetische Elektrotherapie, Muskelstimulation), die Mittelfrequenztherapie (Muskelstimulation) und die Hochfrequenztherapie (Tiefenwärme) eingeteilt. In der Sportmedizin werden v.a. die ersten beiden zur Schmerzlinderung, Muskelstimulation und Regenerationsförderung verwendet. Vor allem bei langen Ruhigstellungen und den damit verbundenen Muskelatrophien ist der Einsatz einer Muskelstimulation sinnvoll. Bei Schmerzen ist die Anwendung einer TENS-Therapie (Transkutane elektrische Nervenstimulation) möglich. Beides kann mit Hilfe eines Heimgerätes appliziert werden. Die Verordnung, Erklärung und Anwendung ist einfach und ermöglicht es dem Sportler die Behandlung zu Hause selbstständig bei Bedarf mehrmals täglich durchzuführen. Eine Kontraindikation ist ein Herzschrittmacher oder Defibrillator.
Eine noch etwas neuere Therapieform ist die extrakorporale Magneto-Transduktions-Therapie (EMTT). Dabei werden hochenergetische Magnetpulse mit Feldstärken im therapeutisch wirksamen Bereich (ab 10 mT) – ohne eine wesentliche Temperaturerhöhung im Gewebe auszulösen – angewendet. Eine hohe Oszillationsfrequenz (100 – 300 kHz) ermöglicht hohe Eindringtiefen. EMTT wird eine Reduktion von proinflammatorischen Cytokinen, eine Aktivierung von ATP, sowie eine Stimulierung der Neovasculogenese und Osteoblastogenese nachgesagt. In der Sportmedizin kommt sie v.a. bei Tendinopathien, Pseudoarthrosen und Knochenmarksödemen zum Einsatz. Kontraindikationen stellen im Körper und am Körper liegende elektrische Teile (Herzschrittmacher, Hörgeräte, …), Schwangerschaft und nicht MR-taugliche Implantate dar. Weiters sollte keine Behandlung direkt über Tätowierungen stattfinden.
Zusammenfassung
Konservative Therapien bieten eine breite Palette an Behandlungsmöglichkeiten, um Sportverletzungen zu heilen und die Leistungsfähigkeit von Athleten schnellstmöglich wiederherzustellen. Durch ihre schonende Herangehensweise ohne chirurgischen Eingriff werden nicht nur Schmerzen gelindert, sondern auch langfristige Komplikationen und Folgeschäden vermieden.
Fotos: istock / verve231 / O2O CREATIVE
DIE AUTORIN
PD Dr. Karin Pieber ist Fachärztin für Physikalische Medizin und allgemeine Rehabilitation und Ärztliche Direktorin am Universitätsklinikum St. Pölten – Lilienfeld. Seit 2018 ist sie im Beirat der GOTS. Ihr klinischer Schwerpunkt ist die Wirbelsäule im Sport. Sie betreut SportlerInnen in Sportarten wie Triathlon, unterschiedlichen Ball- und Kampfsportarten, Schifahren und Klettern. Zusätzlich ist sie Kursleiterin bei den Manuellen Medizin-Kursen in Wien und u.a. Vortragende an der Donau-Universität Krems und der FH Campus Wien.