Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin

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Little League Elbow – auch eine Pathologie im Tennissport?

Der sogenannte „Little League Elbow“, ist historisch bekannt als eine Ellenbogenverletzung die typischerweise bei jungen Baseballspielern bzw. Werfern auftritt.   In der heutigen Literatur wird der Begriff des „Little League Elbow“ meist breiter interpretiert und dient als Sammelbegriff für Schmerzen junger Sportler im Bereich des Ellenbogens bei Durchführung einer Wurf- oder Schlagbewegung.   Diesen Beschwerden können jedoch unterschiedliche Pathologien zugrunde liegen (bspw. Apophysitis Epicondylus humeri ulnaris, Avulsion Epicondylus humeri ulnaris, M. Panner, OCD, Plicasyndrom, Posttraumatische Fehlstellungen) wodurch die Verwendung der Begrifflichkeit heutzutage einige Differentialdiagnosen bedenken lässt. Primär beschrieben wurde der „Little League Elbow“ jedoch als eine Überlastungsverletzung bei jungen Baseballspielern (8-15 Jahre) mit Schmerzen über dem medialseitigen Aspekt des Ellenbogens und lokalen, radiologisch nachweisbaren Veränderungen (bspw. Fragmentation) der Apophyse des Epicondylus humeri ulnaris (Apophysitis). Diese besondere Entität ist jedoch auch bei jungen Tennisspielern bekannt und durch die repetitive Mikrotraumatisierung und Valgusstress auf den medialen Kapsel-Band-Sehnen-Komplex und die repetitive Bewegung von Handgelenkflexion und Pronation (bspw. Vorhand-Topspin oder Aufschläge) zu erklären. Die berichteten Schmerzen zeigen sich vergleichbar wie bei Baseballspielern und werden von den Tennisspielern meist während der Schlag- und frühen Ausschwungphase wahrgenommen. Eine Abgrenzung zu oben genannten Differentialdiagnosen ist essentiell. Relevant hierfür ist neben der Anamnese (Trauma vs. chronisch) mit Beschreibung der schmerzauslösenden Ursachen, die klinische Untersuchung, die neben Provokationstests (Moving-Valgus-Test, Milking-Maneuver) eine Valgus-Instabilität ausschließen sollte. Die radiologische Diagnostik (Sonographie, konventionelles Röntgen, Kernspintomographie) kann die Diagnose der Apophysitis Epicondylus humeri ulnaris festigen.   Return to Sport meist nach 6 bis 12 Wochen Unter einer Sportkarenz und langsamen Wiederaufbau der Belastung kann dann eine Wiederaufnahme des Sports meist nach 6 bis 12 Wochen erfolgen. Abb. 1: Dislozierte Avulsionsverletzung des Epicondylus humeri ulnaris eines 7-jährigen. ©Leschinger   Eine weitere relevante Abgrenzung der chronischen Apophysitis durch Über- bzw. Fehlbelastung ist eine akute Avulsionsverletzung des Epicondylus humeri ulnaris die meist aus einem Hochkraft-Valgustrauma entsteht (Abb. 1). Die Sportlerinnen und Sportler berichten hierbei wiederum von einem plötzlich einschießenden Schmerz über dem medialseitigen Aspekt des Ellenbogens. Eine vermehrte hohe Belastung in den Wochen zuvor wird teilweise berichtet (akut auf chronisch). Der Schmerz ist jedoch typischerweise schwerwiegender und beginnt akuter als die Symptome einer Apophysitis. Die Untersuchung zeigt eine Schwellung des Weichgewebes, einer Bewegungseinschränkung und teilweise Krepitationen über dem Epicondylus humeri ulnaris. Während es meist zu einer kompletten Avulsion des Epicondylus bzw. der Apophyse kommt (Salter Harris I) sind auch Teilabrisse beschrieben. Zwar handelt es sich um eine extraartikuläre Fraktur die nicht zum Längenwachstum des Arms beiträgt, es ist jedoch zu beachten, dass eine hieraus entstehende relevante Instabilität und folgende Einschränkung der Funktion entstehen kann.   Abb. 2: Operative Versorgung einer dislozierten Fraktur des Epicondylus humeri ulnaris mittels kominierter Schrauben- und K-Drahtosteosynthese einer 14-jährigen. ©Leschinger       Während undislozierte Frakturen (je nach Autor meist 0,2-0,5 cm) konservativ mittels Gipsruhigstellung und Röntgenkontrollen behandelt werden, gelten alle dislozierten Frakturen als Operationsindikation und werden wie im Beispiel (Abb. 2) dargestellt meist mittels offener Schraubenosteosynthese unter Darstellung des N. ulnaris und K-Drahtosteosynthese chirurgisch versorgt.    
DER AUTOR   Priv.-Doz. Dr. med. Tim Leschinger ist als Geschäftsführender Oberarzt in der Unfallchirurgie/Orthopädie der Universitätsklinik Köln tätig. Seinen Forschungsschwerpunkt hat er mit über 100 wissenschaftlichen Artikeln/Buchbeiträgen (darunter eine Reihe tennisspezifischer Berichte) primär im Bereich der oberen Extremität und Sporttraumatologie. Leschinger war selbst viele Jahre Jugendkaderspieler des Tennis-Verbandes.