Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin

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Olympia: Anforderungen an die Akutbehandlung von Sportverletzungen

Rasch vor Ort sein und den Athleten vor laufenden Kameras schnell primär versorgen

In der medizinischen Betreuung eines Wettkampfes wird das Umfeld des Sportlers durch den Mannschaftsarzt organisiert. Die Therapeuten sind zumeist die Personen, die den unmittelbarsten Kontakt zu den Sportlern haben und oft die Entscheidungen, ob der Arzt kontaktiert wird, treffen. Die Trainer sind in alle Entscheidungen und oft auch Behandlungen als direkteste und zumeist langjährige Betreuer der Sportler in den therapeutischen Prozess und insbesondere in die strategischen Entscheidungen, die zur Planung der Behandlung führen, eingebunden. Schließlich stellen Entscheidungen, welche Belastungen, welche Bewegungen wann, wie oft und wie intensiv ausgeführt werden sollen, welche regenerativen Maßnamen indiziert sind, einen entscheidenden Faktor dar.

Die Rolle und Funktion des Teamarztes/Mannschaftsarztes ist vielfältig: Der Mannschaftsarzt sollte die Athleten bereits vor den Wettkämpfen persönlich kennen. So kann in Krisensituationen – und Verletzungen sind Krisensituationen – insbesondere dann, wenn sie während eines entscheidenden Wettbewerbes geschehen, aus diesem Vertrauensverhältnis heraus rasch eine Strategie entwickelt werden. Das Kennen der Athleten inkludiert zunehmend auch die Liste der Medikamente, die bis zu sechs Monaten vor dem Wettkampf vom Sportler eingenommen wurden. Bekannte Probleme, bekannte Schwachstellen des einzelnen Athleten können bereits präventiv berücksichtigt werden. Und Vertrauen bedeutet auch ärztliche Schweigepflicht, denn Verletzungen sind Schwachstellen des Athleten, die sofern der Gegner darüber Kenntnis erlangt, über Sieg und Niederlage im Wettkampf entscheiden können. Die organisatorische Aufgabe im Rahmen einer Wettkampfbetreuung bedeutet für den Teamarzt im vorhinein, Strukturen aufzubauen, aus denen heraus im Akutfall rasch der richtige Ansprechpartner kontaktiert und die richtige therapeutische Entscheidung gefällt werden kann.

Ganz andere Aufgaben kommt der medizinische Betreuung bei einer Sportveranstaltung zu: Der medizinische Part ist zwar ein wichtiger und aufgrund des Reglements unentbehrlich. Grundsätzlich wird aber vom Veranstalter oder Dachverband ein lokales Organisationskomitee mit der Organisation beauftragt. Dieses koordiniert und fördert das Auftreten von verschiedenen Interessensgruppen wie Sponsoren, Presse, VIP Gäste und Sportler. Im Sinne der Sicherheit der Athleten müssen Auflagen erfüllt werden. Rettungsteams und eine notfallmedizinische Versorgung sind ein Teil davon. Letztlich stellt die wettkampfmedizinische Versorgung einer Sportveranstaltung, geschäftlich gesprochen, für den Veranstalter einen Kostenfaktor der. Im Falle einer Verletzung während eines Wettkampfes – vor laufenden Kameras und unter reger Anteilname der Zuschauer – kann die Wettkampfmedizin bei gutem Funktionieren einen Sportler und somit auch eine Veranstaltung retten. Bei Versagen – eine Verletzung vor laufenden Kameras mit nachfolgender ausbleibender oder mangelhafter medizinischer Primärversorgung – stellt heutzutage für jeden Zuschauer eine offensichtliche Katastrophe dar. Dies kann bis zum notwendigen Abbruch der Sportveranstaltung führen. Daraus resultiert eine hohe Verantwortung für den medizinischen Leiter der Betreuung. Dieser Gesichtspunkt muss von Seiten des mit der medizinischen Primärversorgung Beauftragten bedacht und dem Organisationskomitee verdeutlicht werden.

Zum rechtlichen Umfeld: Es ist Aufgabe eines den Wettkampf betreuenden Arztes die Gesundheit der Athleten zu schützen (§ 8217). Im weiteren Sinne zählt dazu auch die Sicherheit der Rennstrecken und der Wettbewerbe – auf die der Arzt primär häufig keinen Einfluss hat. Allerdings haben auch das beste medizinische Team und Rettungsteam keinerlei Möglichkeiten, einer bereits gebauten gigantischen Schanze ihre Gefährlichkeit zu nehmen. Aufgrund seiner Erfahrung und der Distanz zu den unmittelbaren geschäftliche Interessen ist der Wettkampfarzt der einzige, der vorbeugend Änderungen bewirken kann. Ein Beispiel für den Schutz der Sportler ist etwa die Helmpflicht und Rückenprotektorenpflicht in Sportbewerben mit hohem Kollisionsrisiko und Verletzungsrisiko vorgesehen. Diese sinnvollen Protektoren müssen aber im Reglement vorgeschrieben und ihre Verwendung streng kontrolliert werden.

Doping: Die medizinische Kommission des olympischen Komitees hat die Dopingregeln sowie die Liste der verbotenen Substanzen über ihre Homepage veröffentlicht (https://www.olympic.org/uk/organisation/commissions/medical). Diese Liste ist bei der Akutbehandlung zu respektieren. Für den Wettkampfarzt schränkt sich natürlich das therapeutische Spektrum stark ein. Prinzipiell muss jede Behandlung, welche die Verwendung von Medikamenten einschließt, mit der Liste der verbotenen Substanzen abgestimmt werden. Alle verwendeten Substanzen müssen dokumentiert und gemeldet werden – zum Schutz des Athleten vor einer Doping-Anschuldigung und nicht zuletzt zum Schutz des betreuenden Arztes vor möglichen Schuldzuweisungen.

Die medizinische Betreuung einer Veranstaltung bei den Olympischen Spielen umfasst von Seiten des Veranstalters eine vorbildliche wettkampfmedizinische Struktur: Im olympischen Dorf wird eine Polyklinik installiert. Hier werden Möglichkeiten einer apparativen Diagnostik mit Röntgen, CT, MRI und Ultraschall angeboten. Medical Meeting Points mit Center of Specialist aus den Bereichen Sport Medizin und Sport Traumatologie stehen zur Verfügung. Eine Notfallausrüstung muss an allen Meeting Points sowie allen Veranstaltungsorten vorhanden sein. Die IOC Medical Commission hat ihre Regeln und Richtlinien in dieser Art definiert und auf der Homepage publiziert. Im Wesentlichen sind die Anforderung an die Akutbehandlung in der Wettkampfmedizin:

Die Anforderung an den Mannschafts- oder Teamarzt in der direkten und persönlichen Betreuung von Athleten sind:

Karl-Heinz Kristen
Orthopädische Abteilung Donauspital Wien/SMZ Ost
29. Juli 2004

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