Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin

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Skiverletzungen – deren Ursache und Vermeidung

Beim Skifahren sind die Bänder des Kniegelenks besonders gefährdet.

Unfall-Videos schauen senkt Verletzungsrisiko und schult richtiges Verhalten

Trotz des verbesserten Equipments sind Skiunfälle nicht gebannt, im Gegenteil, sie scheinen in den letzten Jahren wieder zuzunehmen. In den USA rechnet man jährlich bei acht bis neun Millionen Skifahrern mit 500.000 Skiverletzungen. In Skigebieten von Vermont werden seit Jahren alle Unfälle genauestens dokumentiert und ausgewertet. Dabei zeigte es sich, dass 26 Prozent aller Verletzungen die Bänder des Kniegelenkes betreffen.

Während Anfang der siebziger Jahre die Kreuzbandverletzung mit 3,5 Prozent aller Verletzungen einen bescheidenen Rang einnahmen, stiegen die Kreuzbandverletzungen laut diesen Statistiken Mitte der neunziger Jahre auf 20 Prozent an. Vordere Kreuzbandverletzungen kamen häufiger vor bei Frauen, älteren Skifahrern, schwergewichtigen Skifahrern, sehr erfahrenen Skifahrern mit teureren und höheren Skistiefeln sowie bei den Spitzenbindungen. Das linke Knie war häufiger betroffen.
Die wichtigsten Verletzungsmechanismen sind dabei die Außenrotation mit gleichzeitigem Druck in eine X-Beinposition des Schienbeins in Relation zum Oberschenkel, die Überstreckung im Knie, die Innenrotation des Schienbeins in Relation zum Oberschenkelknochen mit gebeugtem Knie (Phantomfuß-Mechanismus) und die sogenannte Stiefel induzierte vordere Kreuzbandverletzung. Dabei kommen die beiden zuletzt genannten Mechanismen nur beim Skifahren vor. Beiden Mechanismen ist die feste Fixierung des Skis an den Fuß im modernen Skistiefel gemeinsam.

Obwohl moderne Bindungen entwickelt wurden, um die Häufigkeit von Sprunggelenk- und Unterschenkelverletzungen zu vermindern, scheint es inzwischen klar zu sein, dass sie nicht in der Lage sind, den Skifahrer vor einer vorderen Kreuzbandverletzung zu schützen. In der Tat konnten die modernen Entwicklungen der Skistiefel, der Skibindungen und der Skier selbst keinen effektiven Einfluss auf die Inzidenz der Knieverletzungen bei Skifahrern jeden Leistungsniveaus bzw. der konditionellen Fähigkeiten leisten. Wenn also das Equipment uns vor vorderen Kreuzbandverletzungen nicht schützen kann, welche Prävention ist dann möglich? Dazu muss man zunächst den Unfallmechanismus genauer analysieren.

Der Phantomfuß-Mechanismus ist so benannt, da das Ski-Ende einen Hebelarm bildet, der in die entgegen gesetzte Richtung des Fußes des Skifahrers weist. Wenn nur die Innenkante des Ski-Endes belastet ist, wird der Ski in eine Kurve gezwungen, die in einer Innenrotation des Schienbeins gegenüber dem Oberschenkel bei gebeugtem Knie resultiert. Bei zwei typischen Situationen kommt es zu Kreuzbandverletzungen. Beim Versuch, aus der tiefen Stellung während eines Falles aufzustehen. Und beim Versuch, sich nach dem Kontrollverlust hinzusetzen.

Durch den Skistiefel ausgelöste Kreuzbandverletzungen entstehen beim Landen nach einem unkontrollierten Sprung.

Nachdem wir wissen, dass die gegenwärtige Skiausrüstung nicht in der Lage ist, sicher vor einer vorderen Kreuzbandverletzung zu schützen, müssen andere Möglichkeiten einer Prävention gesucht werden. In einer groß angelegten Studie wurde heraus-gefunden, dass die Betrachtung von Videoszenen mit typischen Skiverletzungen und die Analyse von deren Mechanismen den Skifahrer in die Lage versetzt, gefährliche Situationen beim Skifahren zu erkennen und diese durch die richtige Reaktion zu meistern.

Angestellte von zwanzig Skiregionen in den USA wurden mit diesem Lehrvideo geschult, wodurch die Anzahl von Kniebandverletzungen um sage und schreibe 62 Prozent gegenüber den beiden Vorsaisons reduziert wurde. In 22 weiteren Skiregionen, in denen das Programm nicht eingesetzt worden war, kam es zu keiner Reduktion der Verletzungen.

Wie kann man nun den Phantomfuß-Mechanismus vermeiden? Im Moment des Rückwärtsfallens muss man rasch gegen reagieren und die Arme nach vorwärts nehmen, die Skiern zusammenhalten und die Hände über den Skiern behalten. High-risk-Verhalten sollte vermieden werden: Beim Fallen darf man nicht die Beine ausstrecken und sollte die Knie gebeugt halten. Der Skifahrer darf nicht versuchen aufzustehen, während er noch abrutscht. Sobald er am Boden liegt, soll er bis zum Stoppen liegen bleiben. Außerdem muss man vermeiden, auf der Hand zu landen.

Professor Dr. h.c. Hans H. Pässler
ATOS Klinik Heidelberg

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