Erzieherische, kulturelle und soziale Einflüsse machen die Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigungen aus. „Männliche“ Sportarten sind mehr mit Härte und Zähigkeit verbunden und vermitteln Haltungen und Aktionen, die hart, rücksichtslos, intensiv und sogar brutal sind. Hochgradig technisch ausgerichtete Sportarten werden oft als männliche Sportarten betrachtet. Warum?
Die Erziehung in westlichen Ländern bringt Jungen bei, hart zu sein, und bringt Mädchen bei, wohlwollend und barmherzig zu sein. Die körperliche Erziehung reflektiert dabei den Grad kultureller Entwicklung in einer Gesellschaft. Die Teilnahme von Frauen im Sport in der Dritten Welt besteht so gut wie gar nicht. In Saudi-Arabien ist es Frauen erst kürzlich erlaubt worden, bei Reiterwettbewerben in einer eigenen Sektion teilzunehmen. Ihnen wird aber bisher nicht erlaubt, ein Auto zu fahren.
Das „zweite Geschlecht“ erobert weiterhin sich immer mehr Machtpositionen. Heute stehen Frauen vor einem Spektrum von Lebensherausforderungen, die eigentlich schärfer und härter als die der Männer sind. Sie müssen perfekt als Frauen und Mütter sein, einen hohen Grad gesellschaftlicher Produktivität erreichen und dabei, falls möglich, einen perfekten Körper behalten.
Die finanzielle Kraft reflektiert die Wertschätzung der Gesellschaft für eine Person. Geld wird im Sport durch Sponsoring verdient. Sportlerinnen sind dabei erfolgreicher, wenn sie gut aussehen. Obwohl es sich ständig bessert, sind die Medien bisher nicht wirklich an Sportveranstaltungen von Frauen interssiert. Auch im Sport werden Frauen zu viel im kommerziellen Sinn dazu benutzt, Produkte zu fördern, die von Männern gekauft werden: Autos, Laufschuhe, Motorräder. Es bestehen keine juristischen oder ethischen Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Athleten und Athletinnen, doch die Zahl von Profi-Sportlerinnen ist beträchtlich niedriger als die von Profi-Sportlern.
Mädchen haben in ihrer Jugend weniger die Gelegenheit, am Wettkampfsport teilzunehmen. Überdies werden Mädchen, die Rugby oder Fußball spielen, oftmals als Jungen abgestempelt.
Die Schiedsrichter in Frauenfußballspielen sind zu 99 Prozent Männer. Leichtathletik-Trainer sind fast immer Männer. Mitglieder in Olympischen Komitees oder nationalen Sportorganisationen sind zu 90 Prozent männlich. Die Schlußfolgerung: Frauen im Sport müssen sich andauernd männlichen Urteilen fügen.
Physiologisch gesehen beschäftigte man (vor allem Männer) sich vor 100 Jahren nur mit Frauen, wenn sie unter einem körperlichen Schaden oder muskulärer Überanstrengung litten. Die ersten Olympischen Spiele 1986 waren exklusiv für Männer gewesen. Tennis, Golf und Fechten waren die ersten Sportarten, an denen Frauen teilnehmen durften. 1928 in Amsterdam betraten Frauen die olympische Leichtathletik-Bühne. Die Laufdistanzen waren auf 800 Meter beschränkt. In vielen leichtathletischen Disziplinen sind zur Zeit die Leistungen der Frauen mit denen der Männer vergleichbar. Die stärkste Frau schlägt den schwächsten Mann in fast allen Disziplinen.
Es existieren definitiv Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern. Obwohl bis zum Alter von zehn Jahren keine Unterschiede in Größe und Gewicht bestehen. Später beginnen die Sexualhormone eine wichtige Rolle zu spielen.
Jungen entwickeln mehr Muskelmasse, Frauen entwickeln mehr Fett. Ab dem Alter von 13 Jahren können die Unterschiede statistisch belegt werden. Jungen werden größer und stärker, was zu einer besseren Herz-Kreislauf-Leistung führt. Ihre Muskelkraft ist größer und ihre Ausdauerleistung höher. Die Schnelligkeit von Bewegungungen und das Gleichgewicht sind gleich. Die Mädchen sind dafür schlanker.
Männer nehmen in allen Altersklassen mehr an Sportaktivitäten teil. Es gibt einen hohen Ausfall zwischen 15 und 18 Jahren bei beiden Geschlechtern. Mit 30 Jahren hören die meisten Menschen auf, Wettkampfsport zu betreiben. Körperliche Fitness ist in Belgien genauso schlecht wie in den Vereinigten Staaten, nur etwa ein Drittel der Menschen sind körperlich aktiv.
Der Nutzen von Sportaktivitäten ist seit Jahrzehnten bekannt. Die reguläre Teilnahme an Sportaktivitäten schützt vor vorzeitigem Tod, Herzschwäche, Diabetes, hohem Blutdruck, Dickdarmkrebs, Brust- und Prostatakrebs, Depression und Ängsten. Sie hilft das Körpergewicht zu kontrollieren, erhält den älter werden Menschen bezüglich seiner Körperfunktionen und Beweglichkeit jünger, schützt vor Osteoporose und fördert das psychische Wohlbefinden. Die fehlende körperliche Fitness ist unter anderen Risiken wie Rauchen, chronische Krankheiten und EKG-Anomalien einer der gefährlichsten Risikofaktoren bei der Sterblichkeit von Männern. Ein hoher Cholesterinspiegel, familiäre Herzschwäche, Fettleibigkeit (BMI > 27) und überhöhter Blutdruck sind geringere Risiken als „niedrige Fitness“. Die wichtigsten Risikofaktoren bei der Herzsterblichkeit von Frauen sind eine niedrige Fitness und Rauchen.
Analysen haben gezeigt, daß Sport Schlaganfällen bei Männern und Frauen vorbeugt, besonders dann, wenn sie im Alter von 15 und 25 Jahren trainiert haben.
Für Männer beträgt das Risiko, an Krebs zu sterben, 23 Prozent, für Frauen 20 Prozent. Lungenkrebs ist immer noch die Nummer eins in der Liste der Krebsarten. Dann folgen Prostata- und Brustkrebs, gefolgt von Dickdarmkrebs. Rauchen, eine fette und ballastarme Ernährung sind Risikofaktoren, obwohl Studien nicht im einzelnen die Rolle eines einzelnen Risikofaktors beschreiben.
Osteoporose ist verantwortlich für das häufige Vorkommen von Hüft- und Wirbelsäulen-Frakturen nach der Menopause von Frauen. Sie kommen im Alter von 65 Jahren zweimal so häufig vor wie bei Männern. Die ausreichende Gabe von Kalzium, regelmäßige Übungen und ein normaler Hormonstoffwechsel im Erwachsenalter ist notwendig, um eine optimale Knochendichte aufzubauen. Eßstörungen und exzessives Training im jugendlichen Alter müssen behandelt werden, um die Gebrechlichkeit von Knochen zu verhindern.
Stress, Depressionen, Schlafstörungen, Premenstruale Syndrome und Überanstrengungen können erleichtert werden durch körperliche Aktivitäten. Denn diese körperliche Aktivtäten führen dazu, daß neuro-hormanale Substanzen wie Serotonin und Beta-Endorphine im Körper freigesetzt werden.
Körperliche Fitness unterstützt sicherlich auch die Kontrolle chronischer Krankheiten wie rheumatische Arthritis, Arterienverkalkung, chronische Infektionskrankheiten und Chronic Obstructive Lung Disease (COLD), indem sie unter anderen Mechanismen auch das Immunsystem stimuliert.
Schlußfolgerung: Sport ist gut für jedermann, im besonderen aber für Frauen.
Dr. Erika Joos
Military Hospital
Vrije Universiteit Brussels
Belgien