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Der Laufsport gehört zu den ältesten Sportarten, schon allein deshalb, weil er sich aus unserer natürlichen Bewegung herleitet. Im Laufe der Jahre und Jahrhunderte hat sich dieser stetig weiterentwickelt und erfreut sich zunehmender Popularität, auch im Freizeitbereich. Nun ist das sportliche Laufen nicht nur auf befestigtem Untergrund bzw. auf Tartanbahnen möglich, sondern auch im Gelände. Abgeleitet vom Wandern, Bergsteigen, militärischem Sport und dem Orientierungslauf, hat sich Trailrunning (von englisch „trail“ = Pfad oder Weg), definiert als Laufen auf nicht asphaltierten Wegen in der Natur (>80%), etabliert. Die Wettkampfdistanzen variieren dabei zwischen einer Länge von unter 10km bis über 160km an einem Tag. Somit ist das Trailrunning als eine Form des Langstreckenlaufes zu bezeichnen. Der Leichtathletik-Weltverband erkannte Trailrunning im Jahre 2015 als offizielle Disziplin an. Unterschieden wird zudem anhand der Geländeprofile und dem damit einhergehenden Schwierigkeitsgrad. So bezeichnet man Cross-Running als Laufen auf meist einfachen Schotterpisten und/oder Wiesen, Cross-Trail als Laufen im Gelände ohne vorgegebene Wege und Pfade zu verlassen, und Cross-Adventure als Laufen in alpinem Terrain wie den Hochgebirgen, oftmals abseits befestigter Wege und Pfade.
Trailrunning bietet eine einzigartige Kombination aus stetigem Wechsel von Anstiegen und Gefällen, unterschiedlichen Laufuntergründen und der generellen Möglichkeit der Ausübung der Sportart auf der ganzen Welt, inmitten der unterschiedlichsten Landschaften.
Abhängig vom jeweiligen Event gibt es Eintages- oder Mehrtageswettkampfformate. Die Teilnehmer*innen werden dabei durch umgefallene Bäume, durch Äste, Wurzeln, Wasserhindernisse, Steine u.v.m. herausgefordert.
Insbesondere im Rahmen der Corona-Pandemie gewann das Trailrunning als abwechslungsreiche, für jeden zugängliche Alternative zu den klassischen Sportarten an gesellschaftlicher und medialer Aufmerksamkeit. Fast alle Sportartikelhersteller führen mittlerweile auf das Trailrunning ausgerichtete Produkte wie witterungsfeste Laufschuhe und Laufbekleidung bis hin zu Trinkrucksäcken, Trekkingstöcken und Stirnlampen.
Akute sportartspezifische Verletzungen
Die neuromuskuläre Antwort muss sich beim Trailrunning besonders schnell an unterschiedliche Untergründe und Gefälle anpassen und dabei die Kräfte auf die beanspruchten Gelenke und Bänder beim Auftreten dämpfen. Dies erhöht das Risiko für sportartspezifische Verletzungen.
Die häufigste sportartspezifische Verletzung beim Trailrunning ist das Distorsionstrauma im oberen Sprunggelenk. Das klassische „Umknicktrauma“ besteht dabei in einer kombinierten Supinations- und Adduktionsbewegung, beispielsweise beim Auftreten auf einen Ast. Dies führt am häufigsten zur Verletzung des Lig. talofibulare anterius (LTFA) bzw. des Außenbandes. Es zu kommt zu Schwellung, Bewegungseinschränkung, Hämatombildung, lokalem Druckschmerz und bei Läsion des LTFA auch zu vermehrtem Talusvorschub. Zur initialen Einschätzung des Verletzungsausmaßes helfen die Ottawa Ankle Rules.
Daneben treten die häufigsten akuten Verletzungen insbesondere im Knie, in der Wadenmuskulatur und dem M. tibialis anterior, in den Hamstrings, im Quadrizeps und in der Achillessehne auf. Es handelt sich meist um Muskelzerrungen bis hin zu Muskelfaserrissen oder -sehnenabrissen. In seltenen Fällen kann es auch zu traumatischen Achillessehnenrupturen oder Meniskus- und Kreuzbandrupturen kommen.
Ruptur des Lig. talofibulare anterius; ©privat
Sportartspezifische Überlastungsbeschwerden
Weitaus häufiger (70% aller laufspezifischen Verletzungen) sind Überlastungsbeschwerden. 1 von 5 Trailrunnern*innen erleidet innerhalb von 2 Wochen eine laufspezifische Verletzung.
Muskuläre Dysbalancen und eingeschränkte neuromuskuläre Ansteuerung in Verbindung mit wiederholt erhöhten Belastungen des Muskel- und Gelenkapparates durch ständig wechselnde Bewegungsmuster und Bodenreaktionskräfte bzw. Stauchungen, sind mögliche Ursachen der Überlastungsbeschwerden. Bezogen auf Tibia und Os sacrum verursacht insbesondere das Bergablaufen größere vertikale und horizontale Beschleunigungskräfte verglichen mit dem Laufen in der Ebene.
Der Unterschenkel mit dem Schienbeinkantensyndrom (shin splints) sowie der Fuß mit der Achillodynie und der peronealen Tenosynovitis sind die häufigsten Lokalisationen für Überlastungsbeschwerden bei Trailläufern*innen. Daneben kommt es gehäuft zu Beschwerden an der Fußsohle (Plantarfasziitis), des Kniegelenkes (patellofemorales Schmerzsyndrom), der Hüftregion (iliotibiales Schmerzsyndrom, Bursitis trochanterica) und der LWS wie auch zu Ermüdungsfrakturen im Bereich der Mittelfußknochen und der Tibia.
Therapie – konservativ versus operativ
Grundsätzlich besteht die Empfehlung des Vorgehens nach dem PECH-Schema bei akuten Sportverletzungen. Dies beinhaltet: Pause, Kühlung (Eis), Kompression und Hochlagerung der betroffenen Extremität. Sowohl bei akuten als auch über überlastungsbedingten Sportverletzungen steht die konservative Therapie im Vordergrund. Im Folgenden sind die häufigsten Krankheitsbilder und deren Therapieempfehlungen kurz zusammenfassend aufgeführt.
OSG-Distorsion:
Konservativ: Orthese für mindestens 5 Wochen, schmerzadaptierte Vollbelastung oder vorübergehende Teilbelastung für maximal 2 Wochen an Unterarmgehstützen, bedarfsweise NSAR/Novalgin, Krankengymnastik mit isometrischen Übungen initial, dann Kraftaufbau M. peroneus und koordinatives Training – uneingeschränkte Sportfähigkeit nach ca. 3 Monaten
Achillodynie:
Konservativ: Fersenpolster, Krankengymnastik mit exzentrischen Übungen, NSAR/Novalgin bei Bedarf, PRP-Therapie, Stoßwellentherapie
Operativ: Resektion Haglund-Exostose, Bursektomie, Tenotomie/Augmentation
Plantarfasziitis:
Konservativ: Einlagenversorgung, Dehnung, NSAR/Novalgin bei Bedarf, PRP-Therapie in Kombination mit Stoßwellentherapie
Patellaspitzensyndrom:
Konservativ: Krankengymnastik mit exzentrischen Übungen, NSAR/Novalgin bei Bedarf, PRP-Therapie, Stoßwellentherapie
Iliotibiales Bandsyndrom:
Konservativ: Einlagenversorgung bei Überpronation, Kniebandage für Patella, Krankengymnastik, NSAR/Novalgin bei Bedarf, Stoßwellentherapie
Bursitis trochanterica:
Konservativ: NSAR/Novalgin bei Bedarf, Krankengymnastik, PRP-Therapie, Stoßwellentherapie
Shin Splints/Tibiakantensyndrom:
Konservativ: Alternativtraining, Krankengymnastik, Phonophorese/Iontophorese, ggf. Einlagen, Eismassagen, Stoßwellentherapie
Funktionelles Kompartmentsyndrom der Extensorenloge:
Konservativ: Reduktion der Laufumfänge/Alternativtraining, Anpassung der Lauftechnik, Dehnung, Muskelkräftigung, Bergauftraining, ggf. Laufschuhwechsel und Einlagenversorgung.
Operativ: Faszienspaltung
Prävention und Rehabilitation
Sowohl Prävention als auch Rehabilitation sollten die unteren Extremitäten in den Fokus stellen und dabei den Kraftaufbau und die Verbesserung der Bewegungskontrolle innerhalb der aufsteigenden Kette berücksichtigen.
Abhängig von Art und Schwere der Verletzung unterscheiden sich die verschiedenen Inhalte der einzelnen Phasen einer Rehabilitation. Beispielsweise erfordern Stressfrakturen (Fuß, Tibia, Femur, Becken) meist eine Entlastung von 6-24 Wochen mit anschließender schmerzfreier Wiederaufnahme der Alltagsaktivitäten und Alternativtraining durch Radfahren, Aquajogging oder Alter G-Laufbandtraining. Danach kann ein stufenweiser Wiedereinstieg (Wechsel von Gehen und Laufen) in das Lauftraining erfolgen.
Hauptursache von Verletzungen der unteren Extremitäten sind Kraftdefizite der Hüftabduktoren, Knieflexoren und -extensoren sowie der Fußheber und -senker.
Somit sollten Übungen wie der kurze Fuß nach Janda und andere Übungen für das Fußgewölbe, u.a. auf unebenen, instabilen Untergründen in das Training integriert werden. Auch kräftigende Übungen (bspw. Plyometrics) für die Hüftabduktoren wie den M. gluteus medius verbessern die Verletzungsanfälligkeit. Die Eckpfeiler einer effektiven Prävention und Rehabilitation vor bzw. nach Laufverletzungen bestehen in einer Kombination aus:
Sportlerbetreuung
Da Trailrunning eine Sportart für Einzelsportler ist, besteht die Sportlerbetreuung weniger in der Wettkampfbetreuung, sondern eher in der Wettkampfvorbereitung und insbesondere in der Begleitung nach Verletzungen. So bieten wir im ambulanten Rehazentrum St. Elisabeth in Leipzig beispielsweise das Alter G-Laufbandtraining an, was eine schrittweise Steigerung der Laufintensitäten mit gleichzeitiger Entlastung der betroffenen Region ermöglicht, mit zusätzlicher Video-Analyse des Fußaufsatzes. Für gezieltes Krafttraining bietet sich das isokinetische, gerätegestützte Training an.
Tipps
Neben oben genannten präventiven Maßnahmen empfiehlt sich eine professionelle Laufanalyse zur Korrektur der Lauftechnik und Vermeidung von Verletzungen durch beispielsweise Behebung von Overstriding, eines Fersenlaufstils, einer zu großen Schrittlänge oder einer zu niedrigen Schrittfrequenz. Die Analyse sollte sowohl barfuß als auch mit den bevorzugten Laufschuhen erfolgen. Hier gibt es mittlerweile eine große Auswahl an speziellen Trail-Laufschuhen für den Trainings- und Wettkampfeinsatz.
Zudem ist es zu empfehlen, sich wettkampfspezifisch vorzubereiten, was unter anderem darin besteht, im Training in vergleichbarem Gelände zu laufen. Dabei sollte stets auf den Wechsel von hartem und weichen Untergrund geachtet werden. Ein möglicher Wechsel des Schuhwerkes ist bei erhöhter Verletzungsanfälligkeit ebenso in Betracht zu ziehen. In Anbetracht der oft großen Wettkampfdistanzen ist dies von besonderer Bedeutung. Sprunghafte Umfangs- und Intensitätserhöhungen sind zu vermeiden.
DER AUTOR
Dr. med. Cornelius Rossbach ist als Assistenzarzt am ambulanten Rehazentrum St. Elisabeth in Leipzig tätig mit orthopädischem Schwerpunkt. Er ist selbst leidenschaftlicher und leistungsorientierter Läufer, vordergründig auf der Marathondistanz und derzeit auch amtierender Deutscher Marathonmeister mit seiner Mannschaft. Er hat Kontakte zu vielen Sportlern aus der Trailrunning-„Szene“.
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