Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin

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Verletzungen im Radsport / Giro d’Italia 04. – 26. Mai 2024, UCI World Tour

Der Giro d’Italia ist eines der bekanntesten Radrennen der Welt und Teil der UCI World Tour, einer Serie von Radsportveranstaltungen, die von der Union Cycliste Internationale (UCI) organisiert wird. In diesem Jahr findet die 107. Austragung der italienischen Grand Tour statt. Das Straßenradrennen startet am 4. Mai 2024 in Turin und geht am 26. Mai 2024 in Rom zu Ende. Die Rundfahrt führt über 21. Etappen und beinhaltete zwei Ruhetage.

Giro d’Italia:

– Der Giro d’Italia ist eines der drei Grand Tours des Radsports, neben der Tour de France und der Vuelta a España.

– Das Rennen führt die Fahrer durch einige der spektakulärsten Landschaften Italiens, von flachen Küstenstraßen bis hin zu anspruchsvollen Bergpässen.

– Der Giro d’Italia wurde erstmals 1909 ausgetragen und hat im Laufe der Jahre eine lange Tradition und Geschichte aufgebaut. Er gilt als einer der prestigeträchtigsten Titel im Radsport.

UCI World Tour:

– Die UCI World Tour ist eine Serie von Straßenradrennen, die von der UCI organisiert wird und die wichtigsten Radsportveranstaltungen weltweit umfasst.

– Die World Tour umfasst sowohl Eintagesrennen als auch Etappenrennen und erstreckt sich über das gesamte Radsportjahr.

– Die Rennen der World Tour ziehen die besten Fahrer und Teams aus der ganzen Welt an und bieten eine hohe Wettbewerbsintensität und Prestige.

– Die World Tour umfasst die bekanntesten Rennen im Radsport, darunter neben dem Giro d’Italia auch die Tour de France, die Vuelta a España, Paris-Roubaix, die Flandern-Rundfahrt und viele andere.

Medizinische Betreuung im Radsport

Die Faszination des Radsportes und damit auch der medizinischen Betreuung besteht in der Vielfältigkeit. Neben den fünf olympischen Disziplinen (Strasse, Mountainbike, Bahn, BMX Race und Freestyle) betreuen die Ärzte des Bundes Deutscher Radfahrer Downhill, 4-Cross, Enduro, Kunstradfahren, Radball, Trial und Einradfahren. Die 12 Disziplinen sind hinsichtlich der Technik und der Anforderungen sehr unterschiedlich. Darin begründen sich auch die verschiedenen Verletzungsmuster und Überlastungssyndrome.

Bei allen Disziplinen spielen die äußeren und inneren Einflussfaktoren für Verletzungen eine große Rolle:

Äußere Einflussfaktoren für Verletzungen

 

Innere Einflussfaktoren für Verletzungen

Häufige Verletzungen im Strassenradsport 

Die populärste Disziplin ist der Strassenradsport mit dem Jahreshöhepunkt der Tour der France.

Ätiologie der Verletzungen:

Lokalisation und Häufigkeit der Verletzungen

 

Typische Radsportverletzungen 

Haut

Zu den häufigsten Verletzungen gehören Schürfungen und Risswunden der Haut. Sie treten vor allem an den Extremitäten auf. Hierbei besteht eine erhöhte Infektionsgefahr.

Kopf

Durch das Tragen von Helmen konnte die Häufigkeit der Schädel-Hirn-Traumata deutlich gesenkt werden. Der Verletzungsort verlagerte sich auf die untere HWS. Riss- und Schnittwunden im Gesicht, Zahnverletzungen und Mittelgesichtsfrakturen sind dennoch häufig.

Wirbelsäule

Bei Stürzen mit hoher Geschwindigkeit, zum Beispiel beim Zielsprint kommt es zu Wirbelkörperfrakturen und diskoligamentären Verletzungen

 Thorax/Abdomen

Am zweithäufigsten zeigen sich Verletzungen des Thorax und Abdomens mit Rippenfrakturen, Lungenkontusion bis hin zum Hämatopneumothorax und Abdominaltrauma mit Milz und Leberverletzungen 

 Obere Extremität

Die obere Extremität ist am häufigsten betroffen bei Verletzungen im Radsport. Es überwiegen Claviculafrakturen und Verletzungen des AC-Gelenkes, doch auch jede andere Fraktur und Kapselbandverletzung kommt vor.

Becken und untere Extremität

Im Bereich des Beckens und der unteren Extremität reicht das Spektrum der Verletzungen von der Beckenfraktur bei Stürzen mit hoher Geschwindigkeit bis zur Fraktur des oberen Sprunggelenkes und Fussfrakturen. Insgesamt sind die Verletzungen der unteren Extremität seltener als die Verletzungen der oberen Extremität.

Überlastungssyndrome

 Lokalisation und Häufigkeit der Überlastungssyndrome

Überlastungssyndrome treten vor allem an der Wirbelsäule, am Kniegelenk und an den Kontaktpunkten mit dem Rad an den Händen und im Sitzbereich auf.

Durch eine unangemessene Belastungssteigerung oder falsche Sitzposition kommt es im Kniebereich gehäuft zu femoropatellaren Beschwerden, Patellaspitzensyndrom und Tractus Iliotibialis Syndrom.

Verkürzungen des M. Iliopsoas und eine insuffiziente autochthone Muskulatur führen bei längerer Belastung zu chronischen Schmerzen an der Lendenwirbelsäule

 Internistische Probleme 

-Herz-Kreislauf-Probleme

-Atemwegsprobleme

-Gastrointestinale Probleme

-Hitzeerschöpfung und Hitzschlag

Myokarditis: Bei extremen Belastungen und Training bei bestehendem viralen Infekt kann es zu einer Entzündung des Herzmuskels kommen, was zu Symptomen wie Brustschmerzen, Müdigkeit, Herzrhythmusstörungen und Atemnot führen kann.

Asthma: Einige Radfahrer leiden unter Belastungsasthma, das durch intensive körperliche Anstrengung ausgelöst.

Allergische Rhinitis: Empfindlichkeit gegenüber Pollen, Staub oder anderen Allergenen kann zu Nasenverstopfung, Niesen und tränenden Augen während des Trainings und bei Wettkämpfen führen.

Magen-Darm-Beschwerden: Intensive Belastung kann zu Verdauungsstörungen wie Übelkeit, Magenkrämpfen und Aufstoßen führen, insbesondere bei längerem Training oder Wettkämpfen.

Hitzeerschöpfung und Hitzschlag: Eine übermäßige Belastung des Körpers bei hohen Temperaturen kann zu Symptomen wie Müdigkeit, Schwäche, Schwindel und Kopfschmerzen führen. Wenn die Körpertemperatur zu hoch steigt, kann dies zu lebensbedrohlichen Zuständen führen, die eine sofortige medizinische Behandlung erfordern.

Therapeutische und präventive Maßnahmen

Durch eine gute Konstitution basierend auf Grundlagenausdauer und sportartspezifischem Krafttraining lassen sich viele Verletzungen vermeiden.

Das Tragen von Helmen und ggf. Protektoren sollte selbstverständlich sein.

Die richtige Selbsteinschätzung und das stetige Training der Fahrtechnik, sowie die Kenntnis der Fahrstrecke machen letztlich einen guten Radfahrer aus.

Banale Verletzungen wie Schürfungen und Prellungen gehören zum Alltag von Profiradsportlern.

Komplexe Verletzungen sollten ernst genommen werden und gehören in die Hand eines Spezialisten. Eine frühe Rückkehr zum Sport ist durch eine spezifische, individuell angepasste Therapie möglich.

Die Prävention internistischer Probleme erfordert eine ganzheitliche Betrachtung der Gesundheit, einschließlich regelmäßiger ärztlicher Untersuchungen, einer angemessenen Ernährung, ausreichender Flüssigkeitszufuhr, angemessenem Training und Erholungsmanagement sowie der frühzeitigen Erkennung und Behandlung von Gesundheitsproblemen.

 

©BDR (4)

Sportmedizinische Betreuung

Eine persönliche Bindung und Kenntnis der Probleme, Schwächen und Verletzungen eines jeden Athleten schafft gegenseitiges Vertrauen.

Ein Therapieplan abgestimmt auf den Athleten und seine kurz- und langfristigen Ziele erleichtert die Zusammenarbeit.

Ständiger Austausch mit den Athleten über deren Wettkampfprogramm sensibilisiert einerseits und hilft die richtigen Vorkehrungen zu treffen.

Im Wettkampf ist das Sicherstellen einer funktionierenden Rettungskette unter Einbeziehung von Betreuern, Trainer und lokalem Rettungsdienst von größter Bedeutung. Unter Umständen kann eine Kooperation mit Medizinern und Betreuern anderer Mannschaften hilfreich sein, welche in die Logistik einbezogen werden.

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Der AUTOR

Dr. Matthias Baumann ist Chefarzt der Unfallchirurgie, Orthopädie und Sporttraumatologie an der SRH-Klinik Sigmaringen, Lehrkrankenhaus Universität Tübingen. Er ist Leitender Verbandsarzt des BDR und Präsident der Medical Commission des UCI.