Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin

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Der Tennisellenbogen

Der Tennisellenbogen (Epikondylopathia/Epikondylits humeri radialis) ist ein häufiges Beschwerdebild, das große Einschränkungen für die Belastbarkeit des betroffenen Sportlers bedeuten kann.  Mikrotraumata und eine pathologische Überlastung bewirken eine degenerative Veränderung des Extensorenursprungs mit den folgenden typischen Beschwerden über dem lateralen Ellenbogen.

Die Diagnose des Tennisellenbogens sollte klinisch gestellt werden und kann durch bildgebende Verfahren bestätigt werden.  Die Prognose unter konservativer Therapie ist gut, in der Mehrheit der Fälle kommt es innerhalb von 9-12 Monaten zur Beschwerderegredienz. Bei frustranem konservativen Therapieversuch kann bei einem strukturell-morphologischen und klinischen Korrelat über eine operative Therapiealternative diskutiert werden. Die entsprechenden Empfehlungen wurden in einer aktuellen Leitlinie verfasst (S2k-Leitlinie Epikondylopathia radialis humeri (AWMF-Registernummer: 033-019)) und in einer daraus entstandenen Übersichtsarbeit präsentiert.

Umschriebene Signalalteration am Epicondylus lateralis zwischen dem Ansatz des lateralen Kollateralbandes und der Extensoren-Gruppe im Sinne eines strukturell-morphologischen Korellates eines Tennisellenbogens

Der namensgebende Sport nimmt in der klinischen Praxis eine nicht unerhebliche Rolle ein. Verschiedene Studien beobachteten Spielerlaufbahn-Inzidenzraten von 35 bis 51 Prozent. Die Kenntnis der für das Tennisspiel erforderlichen komplexen Bewegungsmuster und Gegebenheiten ist wichtig um diese Verletzung auch sportartspezifisch behandeln zu können und eine adäquate Prävention zu erreichen. Insbesondere technische Aspekte sind zu berücksichtigen. Während bei erfahrenen Spielern das Auftreten häufig durch höhere Spielvolumina und Belastungen begründet werden kann, konnte nachgewiesen werden, dass weniger erfahrene Spieler meist einer höheren akuten Belastung des betroffenen Extensorenursprungs ausgesetzt sind.

Diese Belastung der Sehnen des Extensorenursprungs und die Überbeanspruchung der Extensoren im Rahmen der dynamischen Stabilisierung des Handgelenks (Dorsalextension=Bewegung nach Handrückenwärts und Supination=Auswärtsdrehung der Hand, bspw. beim Rückhand-Topspin) werden als allgemeiner Pathomechanismus des Tennisellenbogens im Rahmen des Tennissports angesehen.

Extensionsstellung der Schlaghand beim Rückhandschlag

Pathogenetisch wichtig sind im Tennis somit vor allem die repetitiven endgradigen Handgelenksexkursionen (Spinschläge) und die über den Schläger und die Hand auf den Unterarm übertragenen hochfrequenten Vibrationen.  Studien konnten hier in Folge bei unerfahrenen Spielern bspw. höhere Vibrationen an Handgelenk und Ellenbogen während des Rückhandschlags detektieren.

Gründe hierfür können eine höhere Griffkraft sein, was zu höheren Vibrationen und Mikrotrauma am Ellenbogen führen kann. Auf der anderen Seite kann der erfahrenere Spieler mit einem voll entwickelten, gut integrierten Schlag, Kraft erzeugen und auf eine effizientere Bewegungskette der oberen Extremität zurückgreifen („Schlagschwung“).

Weitere interessante Aspekte konnten in anderen Studien herausgearbeitet werden die bei Patienten mit dem Beschwerdebild eine Bedeutung finden können.

Tagliafi et al. zeigten bspw. einen Zusammenhang der ulnarseitigen Reizzustände mit der (Semi-) Western-Griffposition und der radialseitigen Reizzustände bei einer (Semi-) Eastern-Griffhaltung.

Auch der Einfluss des Schlägers wurde untersucht. Hennig et al. wiesen bei einer höheren Schlägerkopfgröße und einer höheren Resonanzfrequenz eine Abnahme der Armvibration nach.  Athleten mit größeren Schlägerkopfgrößen hatten folglich eine geringere Verletzungshäufigkeit. Übergroße Schläger können die Vibrationen von Stößen besser absorbieren als herkömmliche Schläger und die Aufprallkräfte auf die obere Extremität reduzieren.

Auch eine Gewichtszunahme des Schlägers, schwerere Bälle und ein „enges Besaitungsbild“ kann zu höheren Drehmomentkräften, einem festeren Griff und einer höheren Verletzungshäufigkeit führen.

Diese Beobachtungen können ggf. im Rahmen einer Belastungsumstellung Verwendung finden. Ob die Belastung der Extensoren bei einer beidhändigen Rückhand abgeschwächt ist wird diskutiert. Eine Untersuchung welche die Muskelaktivität des Extensors carpi radialis brevis zwischen ein- und zweihändigen Rückhand verglich, zeigte jedoch keine signifikantem Unterschiede in der Aktivität zwischen den beiden Schlagtechniken.

Vibrationsdämpfer und vibrationsdämpfende Saiten, sowie die Veränderung der Griffgröße zeigten ebenfalls keine signifikante Besserung. Auch hier sind jedoch weitere Untersuchungen in Zukunft sinnvoll.

Zusammenfassend ergeben sich einige Möglichkeiten der Belastungssteuerung und Belastungsreduktion für die betroffenen Sportler. Eine Diskussion mit dem Spieler und Trainer und Übertragung entsprechender Ziele in das Training kann somit Einzug in den Behandlungsplan und die Belastungsreduktion nehmen. Dies kann das Therapiespektrum mit physiotherapeutischen Übungsbehandlungen bzw. manueller Therapie und Massagetherapie, antiphlogistischer oraler und topischer Therapie etc. sinnvollerweise ergänzen.

 

DER AUTOR:

Dr. med. Tim Leschinger ist als Oberarzt in der Unfallchirurgie/Orthopädie der Universitätsklinik Köln tätig. Seinen Forschungsschwerpunkt hat er mit über 80 wissenschaftlichen Artikeln/Buchbeiträgen (darunter eine Reihe tennisspezifischer Berichte) primär im Bereich der oberen Extremität und Sporttraumatologie. Er ist unter anderem Mitautor der Leitlinie zur Behandlung des Tennisellenbogens.  Leschinger war selbst viele Jahre Jugendkaderspieler des Tennis-Verbandes.

Kontakt:

Dr. med. Tim Leschinger

Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie der Universitätsklinik Köln Kerpener Strasse 62, 50937 Köln, Deutschland

tim.leschinger@uk-koeln.de

Tel. 0221 4784887