Umknicken im Sport: Wenn die Bänder über dem Sprunggelenk reißen | PM April 2022
Horrordiagnose Syndesmosenverletzung Häufig passiert es in Sportarten mit schnellen Richtungswechseln: Fußball, Handball, Tennis zum Beispiel. Einmal den Fuß nach außen weggedreht, umgeknickt und schon ist es passiert – die Bandstruktur des Sprunggelenkes und manchmal auch etwas „höher“ über dem oberen Sprunggelenk halten dem Zug nicht stand und reißen. Entweder teilweise oder ganz. Warum eine Syndesmosen-Verletzung manchmal eine Horror-Diagnose ist und wie sie behandelt wird, darüber berichtet Priv.-Doz. Dr. med. Raymond Best, Facharzt für Orthopädie, Chirurgie, Unfallchirurgie, Notfallmedizin, Sportmedizin (Sportklinik Stuttgart) auf dem 37. GOTS Kongress in Berlin. Die Syndesmose ist die Verbindung zwischen Waden und Schienbein durch eine straffe Bandstruktur, die insgesamt aus fünf Bändern besteht. Die einzelnen Strukturen sind bindegewebsartig und haben unterschiedlichen Bruchlasten und Steifigkeiten. Nur wenn alle fünf Bänder bei einer Verletzung reißen, redet man von einem kompletten Syndesmosen-Riss, der in diesem Fall dann auch meist auch mit Knochenbrüchen einhergeht. „Bei einem Teilriss, bei dem nur das vordere oder mittlere Band betroffen sind, wird für die Diagnose aber oft der gleiche Terminus verwendet. Das ist ein wenig irreführend, und mündet nicht selten unberechtigt in der Bezeichnung ´Horrordiagnose´“, so PD Dr. Best. Meist sind Sportler zwischen 12 und 40 Jahren betroffen. Außer in den Sportarten mit schnellen Richtungswechseln können Syndesmosen-Verletzungen oft auch beim Klettern, Wandern oder Skifahren vorkommen, wenn entsprechend hohe Kräfte am Werk sind. Während Ultraschall, -Röntgen und MRT-Untersuchungen recht schnell einen Komplett-Riss offenbaren, ist es bei einem Teilriss mehrerer Bänder nicht immer gleich eindeutig. Sind nur 2 bis 3 Bänder betroffen, kann man die Folgen für die Stabilität der „Sprunggelenksgabel“ oft nicht zweifelsfrei nur anhand von Bildern belegen. In diesem Fall hilft eine Spiegelung des Sprunggelenkes (Arthroskopie) weiter. Während dieser Sitzung testet der Operateur die Stabilität der Bänder z.B. durch leichtes „Gegendrücken“ des Wadenbeines mit einem kleinen Stab. Bei der operativen Versorgung wird das Wadenbein in seine Führung am Scheinbein „gestellt“ und per Schrauben oder Fadensystemen eine stabilisierende Verbindung geschaffen, die eine Heilung der syndesmosalen Bandverbindungen sicherstellen soll. Die Ausfallzeit beträgt in der Regel mindestens 8-12 Wochen. 4-6 Wochen müssen Betroffene nach OP bis zum Abschluss der reparativen Phase teilentlasten, anschließend bis zu drei Monate langsam wieder aufbelasten. Auch eine Teilverletzung, die konservativ behandelt wird, muss entsprechend gut ausheilen und braucht Zeit. Best: „Das Schlimmste, was passiert, wenn es nicht richtig ausheilt, ist, dass die Syndesmose nicht stabil genug wird, was wiederum zu belastungsabhängigen Schmerzen führen kann.“ Sportler und Nichtsportler unterliegen dabei den gleichen Naturgesetzen, auch bei Sportlern heilt eine Syndesmosenverletzung nicht schneller und erfordert daher eine entsprechend konsequente Belastungspause.
Kreuzschmerzen im Sport
GOTS Newsletter April 2022
Stellenausschreibung
KV Sitz in Berufsausübungsgemeinschaft | Orthopädie und Unfallchirurgie KV-Sitz Orthopädie/Unfallchirurgie in BAG Wir sind eine etablierte Gemeinschaftspraxis (BAG) mit vier gleichberechtigten Ärzten/Partnern. Wir suchen für den ausscheidenden Seniorpartner eine flexible Nachfolgeregelung mit Übernahme des KV-Sitzes zum 01.01.2024 oder 01.07.2024. Unsere Gemeinschaftspraxis hat einen überdurchschnittlichen Anteil an Privat- und Selbstzahlerpatienten. Wir decken das gesamte Spektrum der konservativen Orthopädie ab. Wir operieren an zwei Standorten ambulant und stationär. Wir freuen uns auf Sie. Dr. med. Björn Erben Facharzt für Chirurgie, Sportmedizin, Chirotherapie, Notfallmedizin OCP Orthopädisch chirurgische Praxis am Elisabethenstift Landgraf-Georg Strasse 100 64287 Darmstadt erben@ocp-darmstadt.de www.ocp-darmstadt.de Tel: 061517807520 Fax 06151/7807510
Wings for Life Worldrun – GOTS ist dabei
Am 8. Mai 2022 findet wieder der Wings for Life Worldrun statt. Auch heuer gibt es die Möglichkeit via App Run teilzunehmen oder life an den Flagship Locations. Jeder Teilnehmer kann sich zudem einem Team anschließen. Als Gesellschaft für orthopädisch-traumatologische Sportmedizin möchten wir diese Initiative natürlich unterstützen und sind mit einem Team am Start! Ladet gerne auch Freunde und Kollegen ein, wir freuen uns über zahlreiche Teilnehmer. Team GOTS: https://www.wingsforlifeworldrun.com/en/teams/521xGX Social Media Aktion: Wer möchte kann gerne ein Foto beim Laufen auf Intragram hochladen mit dem Hashtag #gots4wingsforlife oder per Mail an gots.young.academy@gmail.com für eine kleine Collage im Anschluss. Allgemeine Informationen und Anmeldung: https://www.wingsforlifeworldrun.com/en/ Beim Wings for Life World Run starten alle Teilnehmer weltweit zur selben Zeit UTC 11:00 (Deutschland 13:00). Jeder ist willkommen, ob Läufer oder Rollstuhlfahrer. Eine Ziellinie gibt es nicht, stattdessen setzt sich 30 Minuten nach dem Start das Catcher Car in Bewegung und überholt die Läufer nach und nach. Alle Startgelder und Spenden fließen zu 100% in die Rückenmarksforschung.
Knorpelschäden bei Sportlern – was dem Gelenk wirklich hilft | PM März 2022
Knorpeldefekte durch Sport sind eine ernste Sache. Gerade im Fußball, Handball, beim Skifahren und zum Teil auch in den Laufsportarten haben Sportler damit zu kämpfen. Während die Diagnose beim Leistungssportler oft das Ende der Karriere bedeuten kann, droht Freizeitsportlern bei nicht korrekter Behandlung und Rehabilitation eine frühzeitige Arthrose und Unbeweglichkeit. Oft kommen Sportler um die 50 zum Arzt, weil sie im Alter zwischen 30 und 40 mehrfach Knorpeldefekte, zum Beispiel an Knie oder Sprunggelenk erlitten haben. Was es Neues aus der Knorpelforschung gibt, welche Relevanz Operationen und Therapien mit gezüchteten Knorpelzellen, Kollagen- und Hyaluron-Matrices haben, darüber berichtet Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer, Dekan der Fakultät für Gesundheit und Medizin der Donau-Universität Krems, auf dem 37. GOTS Kongress in Berlin. Stefan Nehrer forscht und lehrt unter anderem intensiv auf dem Gebiet von Knorpelschäden. Er sagt: „Derzeit wird am häufigsten das Verfahren der einfachen Mikrofrakturierung angewandt. Wir wollen davon jedoch wegkommen, da es für Menschen, die wieder Sport treiben wollen, nicht ausreicht. Schon nach 3-4 Jahren kommen sie mit großen Schmerzen und müssen erneut operiert werden.“ Bei der Mikrofrakturierung wird die Oberfläche des Knochens angebohrt, der unter dem beschädigten Knorpel liegt. Aus dem Knochengewebe tritt Blut aus, das im Knorpeldefekt gerinnt. Die Stammzellen aus dem Knochenmark, die sich in dem Blut befinden, können sich in Knorpelzellen umwandeln und bilden in dem Defekt einen faserigen Ersatzknorpel. Dieser ist jedoch weniger belastbar als der ursprüngliche Gelenkknorpel. Bessere Ergebnisse erzielt die sogenannte Minced Cartilage. „Mit einem Shaver wird rund um den Defekt Knorpelgewebe entnommen, dieses wird in einem Sieb aufgefangen, zerrieben, mit Blutprodukten gemischt und wieder in den Defekt gegeben. Das Ganze in einer Sitzung“, so Nehrer. Der Vorteil: man braucht keine Zellen im Labor anzuzüchten. Der Nachteil: das Verfahren ist eher für mittelgroße Knorpelschäden geeignet und es gibt dazu noch keine aussagefähigen Studien. Wenn der Defekt größer und zu wenig Knorpelgewebe zur Entnahme vorhanden ist, müssen andere Therapien herangezogen werden. Hier kommt unter anderem das AMIC-Verfahren zum Einsatz. Nehrer: „Bei der Autologen Matrixinduzierten Chondrogenese wird nach der Mikrofrakturierung ein Fließ mit einer Kollagen- oder Hyaluron-Matrix auf den Defekt gegeben. Darin wird das Blut wie mit einem Schwamm aufgesogen. Die Heilungschancen verbessern sich, da sich mehr Gewebe nachbilden kann.“ Wie Minced eignet sich auch AMIC dann, wenn es schneller gehen soll und nicht so aufwendig und teuer sein darf. Die größte Chance, dass der Knorpel wieder normal und sehr belastbar wird, ist jedoch immer noch die Anzüchtung von Knorpelzellen im Labor, die dann als kleine Zellhaufen (Sphäroide) in den Defekt gegeben werden. Bei dieser Art kann die Knorpelzelltransplantation arthroskopisch erfolgen. Diese Knorpelzelltransplantationen zeigen in vielen randomisierten Studien die besten Ergebnisse und sind auch langfristig wirksam. Wichtig für den Erfolg ist jedoch im Anschluss eine lange, gute und intensive Rehabilitation. Der finanzielle und administrative Aufwand der Knorpelzelltransplantation wird gesundheitsökonomisch mit der Verhinderung der Arthrose ausgeglichen. Zur Rehabilitation bewegt nach der OP am Anfang eine Motorschiene das Gelenk passiv. In den ersten vier Wochen wird langsam eine Belastung aufgebaut. Nach 5-6 Wochen kann das Gelenk erst voll belastet und stabilisierender Muskelaufbau forciert werden. Erst nach 12 Wochen kann wieder leichter Sport (am besten Radfahren) betrieben werden. Laufbelastungen erst nach 6 Monaten, während man mit Fußball oder Ski alpin bis zu einem Jahr warten muss. Prof. Nehrer: „Die Message hierbei ist: es ist nicht wichtig, was du im nächsten Jahr machst, sondern in den nächsten 10-20 Jahren machen kannst, also die langfristige Prognose zählt!“ Werden Therapien nicht rechtzeitig angegangen oder die Rehabilitation vernachlässigt, drohen im schlimmsten Fall eine frühe Arthrose und ein künstliches Gelenk. Doch das ist im frühen Alter oft mit Komplikationen und Wechseloperationen verbunden. Deshalb ist der Gelenkerhalt beim Sportler die oberste Prämisse!
GOTS sucht Mitarbeiter*in Ressort Marketing/Veranstaltungen
Zur Verstärkung unseres Ressorts Marketing und Veranstaltungen suchen wir einen Mitarbeiter (m, w, d). Die Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin e.V. (GOTS e.V.) ist mit mehr als 1500 Mitgliedern der größte Zusammenschluss von Sportorthopäden und -traumatologen in Europa. Ein wesentlicher Arbeitsschwerpunkt der Gesellschaft liegt auf der Ausbildung junger Ärzte/innen und der Weiterentwicklung von Forschung und Wissen-schaft auf dem Gebiet der Sportmedizin. Mehr Informationen finden Sie unter: https://www.gots.org/ Aufgaben/Stellenbeschreibung: − Koordination und Steuerung des Marketing- und Veranstaltungswesens der Gesellschaft − Weiterentwicklung des Marketing- und Veranstaltungswesens unter Berücksichtigung der strategischen Ausrichtung der Marke «GOTS» − Leitung und konzeptionell verantwortliche Weiterentwicklung des operativen Veranstaltungsmanagements − Mitwirkung an der Entwicklung eines Konzepts der Digitalisierung der GOTS unter Berücksichtigung des Ausbaus digitaler Veranstaltungs- und Lehrformate − Haushaltsverantwortung im Ressort Marketing und Veranstaltungen unter Einhaltung der Richtlinien der Gesellschaft − Verantwortliche Planung und Überwachung der einzelnen Maßnahmen der Gesellschaft − Implementierung der Gesellschaftspartnerschaften im Veranstaltungsumfeld − Anbahnung, Ausbau und Pflege von Kontakten zu Wirtschaftspartnern − Pflege und Ausbau der Kontakte zu relevanten Vertretern in Politik und Sport − Enge Zusammenarbeit mit den ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter/-innen der GOTS Qualifikationen/Voraussetzungen: − Abgeschlossenes Studium im Bereich Marketing- und Eventmanagement oder vergleichbare berufliche Qualifikation − Betriebswirtschaftliches Denken − Mehrjährige Berufserfahrung im Marketing- und Eventmanagement − Fähigkeit zu strategischem Denken und operativer Umsetzung selbst entwickelter Konzepte − Teamfähigkeit, Organisationsgeschick, Projekterfahrung, Flexibilität und Einsatzbe-reitschaft − Ausgeprägte Kommunikationsstärke in Wort und Schrift (deutsch und englisch) − Sicherheit im Umgang mit relevanten Themen aus dem Bereich Compliance − Bereitschaft für flexible Arbeitszeiten (Wochenende) und Reisetätigkeit − Leidenschaft für den Sport und die Sportmedizin sind von Vorteil, aber keine Voraussetzung Wir bieten Ihnen ein abwechslungsreiches Aufgabengebiet mit vielen Gestaltungsmöglich-keiten in einem motivierten Arbeitsumfeld. Bitte senden Sie Ihre aussagekräftige Bewerbung mit den üblichen Unterlagen sowie der Angabe Ihrer Gehaltsvorstellung und Ihres frühesten Eintrittstermins gern per Mail an office@gots.org oder postalisch an die GOTS-Geschäftsstelle, Dr. Katrin Henkel, Gebäude 14, Bachstraße 18, 07743 Jena.
„Sportmedizin war mein Hobby“ – Gratulation zum 90. Geburtstag von Prof. Dr. Heinrich Heß, Gründer der GOTS
Es ist der 23.März 1932, als Heinrich Heß in Dudweiler/Saar das Licht der Welt erblickt. Nach den Kriegsjahren kann er sein Abitur 1952 am Humanistischen Ludwigsgymnasium Saarbrücken ablegen und beginnt auch gleich 1953 das Medizinstudium an der Medizinischen Fakultät der Universität Homburg/Saar. Als junger Student will er, was damals noch nicht selbstverständlich ist: auf jeden Fall zwei Semester im Ausland absolvieren! Mit dem Motorrad nach Wien Also schreibt sich Heß an der medizinischen Fakultät Wien ein, steigt auf sein Motorrad und „ist dann mal weg“. Die Erlebnisse sind heute noch lebendig. „Damals – da waren wir ja noch Franzosen“, erinnert sich Heß, „wir hatten eine eigene Regierung im Saarland, gehörten aber zu Frankreich. Es gab zu der Zeit noch keine Autobahn und keine gute Zugverbindung. Also bin ich mit dem Motorrad und meinem französischen Pass los. Das war spannend. Der Schilling stand gut zum Franc – dadurch hatte ich Geld und konnte mich überhaupt dort als Student einschreiben. In Wien waren gerade die Russen abgezogen. Es war die Zeit der Ungarnaufstände. Viele ungarische Flüchtlinge kamen nach Wien. Da war was los in der Stadt!“ Die Wiener Fakultät ist damals eine der berühmtesten in ganz Europa. „Und ich habe bei den bekanntesten Professoren die Vorlesungen gehört“, erzählt der heute selbst so bekannte Professor. Und weiter: „Zuerst habe ich im katholischen Junggesellenheim gewohnt – in einem Schlafsaal mit 30 Leuten. Da musste man sich beinahe alles um den Bauch binden, damit nichts geklaut wurde. Später hatte ich eine schönere Studentenbude. Wenn mal das Geld knapp war, gingen wir in die berühmten Wiener Verleihanstalten. Auch ich habe mal einen Fotoapparat und eine Uhr dort versetzt. Dann haben wir eine Weile eben nur von Brötchen und Milch gelebt. Wenn wieder Geld da war, habe ich alles zurückgeholt.“ Ordentlich verpackt in leeren Schuhcreme-Dosen schickt ihm seine Mutter immer wieder Geld – obwohl das streng verboten ist. Bei einem ungarischen Trainer landet Heß dann auch noch in einem Studenten-Boxclub – mit Wettkämpfen an den Wochenenden. Für ihn eine schöne Zeit. Vom „Rattenkönig“ über Geburten, die Orthopädie bis zur Neurochirurgie 1958 besteht Heß dann seine Staatsexamensprüfung und promoviere 1959 zum ´Zytochrom-Gehalt im Herzen´. „In dieser Zeit war ich der Rattenkönig“, schmunzelt Heß. Denn: die Versuche fanden an weißen Ratten in der Biochemie in Homburg statt. Nach einer 6-wöchigen Hospitation in Paris, geht Heß als junger Mediziner für anderthalb Jahre an ein Krankenhaus in Elsass/Lothringen. „Ich hab´ da alles gemacht – auch Geburten“, so der Mediziner. „Mein Chef war Chirurg in dem mit 80 Betten gar nicht so kleinen Krankenhaus. Von der Gynäkologie über HNO bis hin zu Verkehrsunfällen hat er alles bedient. Und wir hatten viele Unfälle, denn die Klinik lag an einer Hauptstraße.“ Im Saarland absolviert Heß anschließend die chirurgische Pflichtausbildung. Als in Saarbrücken 1961 eine Stelle in der Orthopädie frei wird, beginnt er die Ausbildung zum Facharzt für Orthopädie bei Prof. Groh im Zentrum für Sportverletzte im Hüttenkrankenhaus Saarbrücken-Burbach. Noch vor Ende der Facharztausbildung wechselt Heinrich Heß jedoch und arbeitet unter Prof. Loew in der Neurochirurgischen Universitätsklinik des Saarlandes, wo er schnell zum Funktionsoberarzt aufsteigt. Der Chirurg erinnert sich: „Ich war dann auch für die Kinderneurochirurgie zuständig, habe viele Hirntumore gesehen. Das hat mich sehr mitgenommen und war letztlich der Grund zurück in die Orthopädie zu gehen.“ Ab 1968 ist er dann Assistent bei Prof. Mittelmeier und eröffnet 1970 an der Universitätsklinik Homburg/Saar eine Sportorthopädische Ambulanz, die großen Zulauf hat. 1972 habilitiert er, wird leitender Oberarzt der Klinik. Von 12 auf 120 Betten Und dann – kommt die längste Zeit in seinem Arbeitsleben: als Chefarzt baut Heinrich Heß ab 1975 die Orthopädische Abteilung an der St. Elisabeth-Klinik in Saarlouis auf. Dabei beginnt er bescheiden mit der Einrichtung von 12 Betten und übergibt die Klinik zum Ende seiner Tätigkeit 1997 mit 120 Betten. „Ich hatte am Anfang nur einen Oberarzt und einen Assistenten, zum Schluss 4 Oberärzte und 15 Assistenten. Die hab´ ich immer nur dann eingestellt, wenn sie vorher mindestens ein Jahr in der Unfallchirurgie waren. Denn die hat mich geprägt. Wir waren immer bereit – auch nachts und an den Wochenenden“, erzählt er. „Sportmedizin war mein Hobby“ Der rührige Professor erinnert sich gern an die Zeiten im Fußball. „Damals gab es Lehrgänge für Trainer, da wurde ich dann plötzlich eingeladen, um medizinische Vorträge zu halten. Sportmedizin war ja mein Hobby“, sagt er verschmitzt. Nach etlichen Vorträgen wird er dann gefragt, ob er nicht die Betreuung der B-Nationalmannschaft übernehmen könne. Und 1974 fragt ihn Helmut Schön, ob er zur WM mit der Nationalmannschaft nach München kommt. Heß schlägt ein und betreut die Mannschaft bis zur EM 1996. Zwei Siege in Weltmeisterschaften kann er miterleben. „Rom – meine schönste WM“ „Mein schönstes Erlebnis war die WM in Rom“, sagt er. „Beckenbauer war Teamchef, wir haben gesiegt und die Italiener standen nachts auf den Balkonen, haben gesungen, geklatscht, gefeiert und Feuerwerk gezündet.“ Eine sehr prägende Zeit für den Arzt. „Ich habe fünf Bundestrainer erlebt – jeder war auf seine Weise ein besonderer Typ. Helmut Schön hat die Spieler damals noch mit ´Sie´ angeredet. Und hinterher gab es immer ein wundervolles Bankett im Hotel. Mit allen Spielern, Trainern, Betreuern. Das war meist sehr lustig. Heute muss jeder oft einzeln wieder los und seinen vollen Terminkalender bedienen“. Die Bekanntheit aus dem Fußball zahlt sich damals aus. Immer mehr Sportler aus ganz Europa kommen extra zur OP zu Heinrich Heß. Nebenher engagiert er sich auch für die Trainerausbildung und ist Mitglied in den sportmedizinischen Kommissionen des DFB, der UEFA und der FIFA. Sein Ansehen und die Würdigung seiner Erfolge finden später Ausdruck in einem zu seinen Ehren organisierten Symposium. Dort erscheinen spontan der Präsident des DFB, Wolfgang Niersbach, und Franz Beckenbauer, um den Jubilar zu ehren und den Gästen die eine oder andere Anekdote aus früheren Zeiten kundzutun. „Sport mit dickem Knie – ach komm´ das geht doch gar nicht“ Und dann kommt es noch „verrückter“. Ein Zufall weckt den Forschergeist in Heß: „Wenn im Fußball ein Knie geschwollen war, gab es bei uns früher Salbe, einen Verband, das
GOTS Young Academy: Symposium „Klettersport mit Hand & Fuß“
Von Pia Winkler, Elena Neunteufel, Alexander Bonatti, Dr. Hannes Schönthaler und Dr. Friedemann Schneider Für motivierte MedizinstudentInnen schlugen die Sportlerherzen zwei Tage lang höher: Am 28. Und 29. Jänner hatten wir die Möglichkeit den Klettersport aus Sicht eines Sportmediziners zu betrachten – beim Klettersymposium und Hands-on Workshop in Innsbruck. Der Kurs fand unter Einhaltung der geltenden Corona-Maßnahmen statt. Zu sehen gab es Einiges: Die Vortragenden schafften es, die Aufmerksamkeit jedes einzelnen zu fesseln. Beim Blick aus dem Fenster wurde das alpine Flair zudem durch die wunderbaren Aussicht auf die Nordkette unterstrichen. Der erste Tag stand ganz im Zeichen der Hand, und begann mit einem Anatomie Refresher von Dr. Hannes Schönthaler. Passend zum Klettersport bildete das Schwerpunktthema die Ringbandläsion. Darüber hinaus erklärte der Innsbrucker Handchirurg Dr. Lukas Horling (Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie Innsbruck) zahlreiche weitere Verletzungsmuster an der Hand und würzte die Präsentation zudem mit historischen Anekdoten. Danach ging es zurück in die Zukunft mit aktuellen Studien über Ringbandrupturen und die Reißfestigkeit von Sehnen -vorgetragen von Dr. Hannah Imhof. Abgerundet wurde der Vormittag von Dr. Miar Ouaret (Universitätsklinik für Radiologie Innsbruck) mit seiner exzellenten radiologischen Darstellung der Pathologien von Hand und Fuß – inkl. dynamischer Ultraschallbilder und Tipps und Tricks für das perfekte Bild. Am Nachmittag setzten wir das Erlernte in die Tat um. Der Praxisteil bestand aus der gegenseitigen klinischen Untersuchung sowie Sonographie der Hand. Selbstverständlich wurde auch fleißig an den Handmodellen und Arthro-Boxen arthroskopiert und am Mittagessen „paprikaskopiert“. Bereits mit Ausblick auf Tag zwei besuchten wir dann das Ganglabor der Physikalisch-Medizinischen Fakultät. Dipl. Ing. Stefan Fischler ermöglichte uns mithilfe von acht Infrarotkameras selbstständig eine Ganganalyse durchzuführen. Was wäre ein Workshop ohne „Hands-On the Wall“? So fand der Tag seinen Ausklang in der gemeinsamen Sportsession im Kletterzentrum Innsbruck. Beim gemeinsamen Planen der Routen und Griffe probierten wir die Klettertechniken direkt aus, stärkten unseren Teamgeist und schwächten die Ringbänder, um über die Wand hinauf ans Ziel zu kommen. Erfrischt durch die klare Bergluft starteten wir in den zweiten Tag. Der YA Student Alexander Bonatti verschaffte uns einen Überblick über die anatomischen Gegebenheiten des Fußes. Dr. Alexander Keiler (Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie Innsbruck) erörterte die verschiedensten Verletzungsmechanismen der Füße beim Klettern, gefolgt von Fallberichten aus dem klinischen Alltag, den möglichen Therapieoptionen und OP-Techniken. Elena Neunteufel gab eine Einführung in die Arthroskopie des Sprunggelenks sowie praktische Tricks. Danach ging es zur Physio-Session. Die Wettkampf-erfahrenen Physiotherapeuten Florian Happ und Florian Rudiferia (Therapiezentrum Anichstraße Innsbruck) zeigten uns spezifische Taping-Techniken an Hand- und Fußgelenken, welche wir umgehend aneinander umsetzten. Dazu bekamen wir auch einen Fahrplan für die Rehabilitation nach einer Klettersport-Verletzung bis hin zum Return-to-Sports. Insgesamt machten die zwei intensiven Tage deutlich, was es bedeutet ein kompetenter Sportmediziner zu sein. Ein riesiges Dankeschön gebührt den Firmen Schaper und Arthrex, welche mit ihrer Unterstützung die Durchführung des Workshops ermöglichten. Auch an Elena Neunteufel, Alexander Bonatti, Dr. Hannes Schönthaler und Dr. Friedemann Schneider (Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie Innsbruck), welcher als ehemaliges Vorstandsmitglied der YA nun die ärztliche Betreuung und Organisation übernahm, ein großes Danke für die wunderbare Gestaltung und Planung des Klettersymposiums 2022!
GOTS Young Academy: Hospitation an der Mur: Schulterchirurgie, und nicht nur…!
Von Elisabeth Schauer, Young Academy Anfang Februar 2022 verbrachte ich eine lehrreiche, zweiwöchige Hospitation im ORTHOMEDICUM bei Dr. Rolf Michael Krifter in Graz. Im Mittelpunkt der Praktikumszeit stand das Schultergelenk. Hierzu gab es tiefgreifende Expertise und neueste Entwicklungen auf dem Gebiet aus erster Hand. Trotzdem fehlte es nicht an Abwechslung: Ich erlebte ein breites Spektrum an (sport-) orthopädischen Problemstellungen mit operativen und konservativen Therapieansätzen, von arthroskopischen Eingriffen an Sprunggelenk und Hüfte über die Behandlung von HWS-Blockaden bis hin zur operativen Sanierung der Epicondylopathie und mehr. Überwiegend teilte sich die Hospitation in zwei Bereiche: OP und Ordination. Während der OPs bestand fast immer die Möglichkeit zu assistieren und somit praktisch mit anzugreifen. Praktische Fertigkeiten konnten auch in der Sprechstunde geübt werden, z. B. beim Untersuchen. Darüber hinaus gehörten zum Ordinationsalltag u. a. manuelle Therapie, Gelenksinfiltrationen, Triggerpunktbehandlung und viel Sonografie. Außerdem genoss ich die Interaktion mit den Patienten: Im ORTHOMEDICUM kann man sich zielführende Kommunikation mit rundum zufriedenen Patienten abschauen. Das Praktikum war geprägt von viel Freiraum im besten Sinne: Je nach persönlichem Interesse war es möglich, das Tagesprogramm mitzugestalten und sich teils auch Kollegen anderer Disziplinen (Anästhesie, Physiotherapie u. a.) anzuschließen. Dabei begegnete man mir stets mit Offenheit und Freude am Austausch. Elisabeth Schauer und Dr. Krifter im Orthomedicum Graz ©Orthomedicum Der wohlbekannte Ausspruch „Es gibt keine dummen Fragen“, eine der ersten „Instruktionen“ zu Beginn der Hospitation, war hier absolut aufrichtig gemeint. Unabhängig davon bzw. über die eigenen Fragen hinaus teilte Dr. Krifter sein Wissen jederzeit gerne und uneingeschränkt. Er begegnet dem Nachwuchs auf Augenhöhe und motiviert gleichzeitig dazu, sich auf die eigene Art und Weise persönlich und beruflich weiter zu entfalten. Nicht zuletzt habe ich als Berlinerin die Stadt Graz mit all ihrem Charme zu schätzen gelernt. Allein dieses schöne Fleckchen Erde ist eine Reise wert, abgesehen vom beruflichen Interesse und fachlichen Zugewinn. Abschließend gebührt an dieser Stelle daher nochmals mein herzlicher Dank an Dr. Krifter und alle engagierten Kollegen für die spannende Zeit im ORTHOMEDICUM!
Regenerative Therapien – Hilfe zur Selbsthilfe von verletzten Strukturen
GOTS-Newsletter März 2022